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mer, sie mochte mehr als dreißig Pfund wiegen,) zers schmetterte die Stube meines Bedienten, und zündete. Wir löschten den Brand, und machten alle mögliche Anstalten. Weil es aber Granaden und zwölfpfündige Kus geln auf mein Haus und die benachbarte Gegend regnete, welches die Absicht haben mochte, das zwanzig Schritte von meiner Wohnung befindliche Pulvermagazin in die Luft zu sprengen, so packte ich meine Sachen, so viel es ohne Gefahr, erschossen zu werden, angieng, zusammen, schaffte fie theils in den Keller, theils in ein Gewölbe, und flüchtete Abends um acht Uhr nach Neustadt zu D... Aber auch hier fieng am 1sten die Angst an, und in kurzer Zeit fuhren einige zwölfpfündige Kugeln ins Haus, nahe bei mir vorbei. In dieser Lebensgefahr brachten wir vis Sonnabends zu, wo die Daunische Armee die Seite von der Neustadt befreite, welches die größte Gnade war, die uns Gott in der Beängstigung erzeigen konnte. Deun eben diesen Tag, besonders um zwölf Uhr Mittags, gieng das unglückliche Bombardement der Residenz an. Mehr als hundert Bomben fielen in einer Zeit von drei Stunden auf die Kreuzgasse und Kirche; um zwei Uhr brannte mein Haus, und um vier Uhr wusste ich mein Schicksal. Die Bomben hatten das Gewölbe, wohin wir alle unsere Sas chen geschafft hatten, zerschmettert und alles verbrannt; der Keller aber war von den Soldaten, die löschen sollten, rein ausgeplündert worden. Mein Bedienter, der treueste Mensch von der Welt, hatte sich so lange im Hause aufge halten, bis es anfieng einzustürzen, und hatte ein Duhend solcher Schurken hinausgeprügelt; endlich aber ward er übermannt, und flüchtete zu mir nach Neustadt. Vor Vergnügen, den ehrlichen Kert, den ich schon für erschossen oder verbrannt hielt, wieder zu sehen, fühlte ich den Schmerz nur halb, den mir die Nachricht von meinem Verluste natürlicher Weise verursachen musste. Sollte es nicht weh thun, liebster Gellert, zu erfahren, daß alle

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meine

meine Betten, Kleider, Wäsche, Bücher, Papierë, Schränke und Stühle zu Asche verbrannt waren? und Ste wissen, wie reichlich mich der Himmel mit allen diesen gesegnet hatte. Gott zum Preise muß ich gestehn, daß ich mich über diesen großen Verlust nicht einen Augenblick betrübte. Es war weder Reflexion, noch Philosophie, die mich so wunderbar beruhigte; Gottes Gnade allein war es. Nichts von allem habe ich gerettet, als einen abges tragenen Zeugrock und ein paar alte Oberhemden, die ich auf die Seite gelegt hatte, um sie meinem Bedienten zu geben. Sonntags früh fieng man an, auch für die Neus stadt besorgt zu seyn, und viel tausend Menschen giengen zum Thor hinaus, auf das offne Feld und in die Weinberge. Ich folgte mit, und mein Bedienter musste mein Bündelchen unter den Arm nehmen, mein ganzes Reichthum. Vor dem Schlage fand ich einen zerbrochenen Weinpfahl, auf den stüßte ich mich, und watete bei einer brennenden Hite durch den Sand einer Meile Wegs weit zu meinem Freunde, auf seinen Weinberg, wo ich nothdürftiges Essen und gutes Wasser fand. Seit dem 13ten Abends war ich in kein Bette gekommen, und auch hier lag ich bis Mittwochs auf der Erde. Ich ritt endlich selbigen Tages nach Hohenstein, vier Meilen von Dresden, und weil mein Bedienter ganz kraftlos war, so ließ ich ihn zwo Meilen reiten, und den übrigen Weg gieng er zu Fuße. In Hdhenstein fand ich gute Freunde, die auch abgebrannt was ren, und wir lebten ruhig, bequem und sehr vergnügt. Sonnabends nach dem Bußtage giengen wir zurück, und ich befinde mich seitdem gesund, doch, wie Sie wohl glaus ben können, gar nicht in meiner Ordnung. Ich bin noch vor vielen tausend Menschen glücklich; denn kein einzigér von meinen Freunden und Bekannten ist verbrannt, oder erschossen worden, ich bin gesund geblieben, und habe noch baar Geld gerettet. Etwas von altem Tisch und Betts zeuge ist bei einem Bekannten unvermuthet geborgen wor

den,

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den, und so wenig ich es vordem achtete, so lieb ist es mir nunmehr. Der Mangel an Kleidern und Wäsche ist mir der empfindlichste, weil man hier nichts bekommen kann, und nicht weiß, wie lange uns Gott Ruhe schenkt.

Meine Bücher, die dauern mich; alle Aufsäße und Manuscripte, die nach meinem Tode sollten gedruckt wers den, sind mit verbrannt. Ein großès Glück für die Narren künftiger Zeit! Alle Briefe von Ihnen und meinen übrigen Freunden, nebst einer zum` künftigen Drucke fers tig liegenden Sammlung von wißigen Briefen verschiedes ner Art sind leider auch fort.

Empfehlen Sie mich allen meinen Freunden aufs beste. Kann ich heute noch an unsern Weiße schreiben, so will ich es thun. Außerdem bitte ich Sie, ihn diesen Brief lesen zu lassen, so wie den ehrlichen Dyck, welcher, so bald Gott Ruhe und Frieden giebt, es gewiß empfinden soll, daß alle meine Bücher verbrannt sind, denn ich will ihn hernach in Kontribution sehen, mir den Fuß zu einer neuen Bibliothek zu schenken. Zwar wird er nicht daran wollen, wenn er hört, daß meine wißigen Manuscripte, und also seines Sohnes künftiger Verlag, mit verbrannt find; aber ich will ihn schon kriegen, und wenn er mich wild macht, so schreibe ich wider seine eigene kleine Person › einen Band Satiren in Duodez, zwei Hånde stark, wels ches ziemlich das Format von seinem Körper seyn wird.

An das Haus St... bitte meinen unterthänigsten. Respekt zu vermelden. Wie wohl haben die gnådige Frau Kammerherrin gethan, daß Sie Sich nicht mit der göttli chen Fügung übereilt haben. Nunmehr hungerte ich mit meiner Frau, da ich das Glück habe, allein zu hungern. Aber sagen Sie, ich ließe unterthänigst bitten, dahin zu sehen, daß meine künftige Frau drei tausend Thaler mehr håtte, als ausser diesem Unglück würde nöthig gewesen

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seyn, so hoch schäße ich meinen Verlust. Nur ein eignes Haus soll sie nicht haben. Denn ich kann mir nichts Schrecklichers vorstellen, als die Umstände eines Mannes, der nur des Hauses wegen eine Frau nimmt, das Haus aber durchs Feuer verliert, ohne daß seine werthe Hälfte zugleich mit verbrennt.

Leben Sie wohl, mein bester Freund. Ich bin in Feuer und Waffersnoth

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In der Residenz sind 226 Häufer abgebrannt, 37 sehr beschädigt. In Neustadt 25 Häuser beschädigt. Vor dem Pirnaischen Thore 102 abgebrannt und so beschädigt. Vor dem Wilsdrufer Thore 88 abgebrannt und 3 beschädigt. Funfzig Personen von der Bürgerschaft sind geblieben, viele aber gefährlich verwundet, und bei dem Sturmwinde, so gestern Nachmittags war, über zehn Personen von dem Gemåuer erschlagen worden. Auf die Wälle ist wenig geschossen worden, und wer fagt, daß das Feuer eine solche Verwüstung in der Residenz angerichtet, und daß auf die Kreuzkirche um deswillen Bomben geworfen worden, weil von dasigem Thurme auf die Belagerer wåre geschossen worden, der spottet noch unsers Elends auf eine graufas me Art.

Gleim.

Keiner von allen deutschen Gelehrten unterhielt wohl von jeher einen so weitläuftigen, vieljährigen und lebhaften Briefs wechsel mit den besten und denkwürdigsten Männern seiner Zeit, als unser Gleim, dieser ehrwürdige Stammhalter der deutschen schönen Literatur. Der treffliche, unermüdet rege und wohlthås tig lebende, für alles Gute und Schdue so edel beeiferte Mann besigt in der That einen Schaß von Briefen vielfacher Erheblichs keit, aus dem sich dieser Theil unsrer Literatur noch sehr bereis chern ließe. Schon in der von Lange herausgegebenen Samms Tung wurden manche, von ihm selbst geschrieben, abgedruckt; auch find die zu Berlin, 1768, herausgekommenen Briefe der Herren Gleim und Jacobi bekannt, aus denen ich hier fols gende kleine Probe um so lieber wähle, da in diesem Briefe von einem der edelften und lauterßten Männer, dem jeßigen Herrn Bibliothekar Benzler in Wernigerode, die Rede ist, und Gleims damalige Besorgnisse für ihn Gottlob! durch den Erfolg unges rechtfertigt blieben; obgleich der würdige Mann Gleims Freunds schaft, Fürsorge und Liebe, die immer noch fortwährt, gewiß gern und dankbar zu den Erhaltungsmitteln seiner Gesundheit und Heiterkeit, und zu den Lindrungsmitteln seiner Gehörss schwäche, zählen wird. Beiden meinen herzlich geliebten Freunden werde noch langes Leben zur Ehre des Geschmacks und der Menschheit!

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An Herrn Jacobi

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Halberstadt, d. 22. Januar 1768.

Gestern Abend, liebster Freund, hatten wir in meinem

kleinen grünen Zimmer einen rührenden Auftritt. Herr Rittmeister von Stille, Sohn des Generals, der in meinem Bilderkabinet sich eine Stelle durch sein Herz erwarb, war eben bei mir! Ein Student, der von Leipzig kam, ließ sich melden. Ich dacht, es wäre wieder einer wie der, welcher

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