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Vorrede.

Wir liefern hier dem Publico ein Werk des

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seligen Gellerts, dem es schon lange mit vieler Erwartung entgegen gesehen hat. Wir sind zum Voraus versichert, daß es die Erwartung des Publici erfüllen werde, und wünschen nichts mehr, als daß es im Drucke eben den großen Nußen schaffen möge, den es bekann termaßen beym mündlichen Vortrage geschaf fet hat.

Der Wunsch und die Hoffnung des Nu, Bens ist ohne Zweifel die Ursache gewesen, so, wohl warum der Verfasser dieses Werk ausgearbeitet, als auch warum er noch auf seis nem Sterbebette durch seinen leßten Willen, durch welchen er uns zu seinen Herausgebern

bestimmet, die Bekanntmachung desselben aus, drücklich verordnet hat, da er in Ansehung seiner übrigen Papiere die Entscheidung unsern Einsichten, und unserm gemeinschaftlichen Gutfinden überlassen. Auch in einem schriftlichen Aufsaße, worinnen er bereits vor geraumer Zeit einen von uns sich zum Herausgeber ers sehen, und diejenigen Schriften angezeiget, deren Ausgabe er gestatten wolle, wofern sie des Druckes würdig geachtet würden, steht seine Moral oben an; nur daß er daselbst hin, zugeseßet, daß man, wenn etwan das Ganze dazu nicht tüchtig genug befunden würde, ein, zelne Vorlesungen, die man für die besten halte, daraus.wählen und herausgeben könne.

Vielleicht fragt man, warum er bey sols chen Gesinnungen seine Moral nicht selbst ans Licht gestellet. In der That geschahen deswe gen öftere, und nicht selten sehr dringende Anfoderungen an ihn. Noch bey der lezten Ausgabe seiner sämmtlichen Schriften riethen ihm verschiedene von seinen Freunden dazu. Dennoch trug er aus einigen nicht unerheb, lichen Gründen noch immer Bedenken, diesem Rathe Gehör zu geben. Der ungemeine Beys fall, den dieß Werk gefunden, und darinnen es sich so viele Jahre erhalten, konnte seine Zweifel nicht ganz überwinden, ob es auch Werth genug habe, der Nachwelt überliefert

zu werden; denn er war überzeugt, daß die bloße Nußbarkeit für sich allein noch kein hinlängliches Recht dazu gebe, und wußte wohl, daß man gemeiniglich und zwar mit Grunde im Lesen mehr fodere, und strenger urtheile, als im Hören. Der kränkliche Zustand, mit dem er fast sein ganzes Leben hindurch zu ringen gehabt, war in seinen letzten Jahren so hoch gestiegen, daß er seine Kräfte für allzu, geschwächt hielt, als daß er sein Werk durch eine sorgfältigere Ausarbeitung zu derjenigen Reife zu bringen hoffen dürfte, um die sich billig jeder Schriftsteller aus Achtsamkeit für das Publicum bewerben sollte. Ueberdieß traute er unter solchen Umständen eine neue Ausarbeitung eines brauchbaren moralischen Colles giums sich noch weniger zu. Gleichwohl durfte er bey den Beweisen, die er davon hatte, nicht zweifeln, durch seine moralischen Vorlesuns gen der Akademie, auf der er lebte, Nußen zu schaffen. Der Nußen war sichtbar; und um desto größer, da sein bekannter ungefårbø ter Eifer für Gottesfurcht und Tugend seis nem mündlichen Vortrage keinen geringen Nachdruck gab. Dieses gewissern ́ Vortheils wollte er sich nicht gern gegen den ungewissern Nußen begeben, der etwan von dem Drucke seiner Moral zu erwarten stunde. Diese und einige andre Ursachen waren es, die er, wie sich aus seinen Briefen leicht belegen ließe,

den wiederholten Vorschlägen seiner Freunde entgegenseßte.

Indessen gewann er doch aus den günstigen Urtheilen seiner Freunde mehr Zuversicht zu diesem Werke als aus dem lármreichen Lobe des großen Haufens, das so oft übertrieben zu seyn pflegt; und sie fiengen auch an, seine allzufurchtsamen Zweifel zu übers winden. Denn zu seiner Ehre müssen wir sagen, daß er, seitdem er einsehen gelernet, was für schwere Pflichten dem Autor oblies gen, nämlich gleich bey dem ersten Buche seis ner Fabeln, darinnen sich sein Genie zuerst in seiner völligen Stärke zeigte, gegen die Kris tik allezeit sehr folgsam gewesen, und auf die Einsichten aufrichtiger und kritischer Freunde immer mehr gebauet, als selbst auf die seis nigen. Dieß ist für den Schriftsteller der sicherste Weg; denn von seinen eignen Arbeis ten urtheilet er leicht, bald wenn er eben seis nes darauf verwandten Fleißes, oder des Enthusiasmus, in welchem er schrieb, sich lebhaft bewußt ist, allzu fühn, bald wenn er mit dem Ideale, das er sich entworfen hatte, und doch nicht ganz zu erreichen vermochte, seine Arbeit vergleicht, allzu schüchtern.

Den seligen Gellert bewogen daher die Ermunterungen seiner Freunde ohngefähr ein

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