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Meine Herren, der Fremde und der Einheimische, der Hohe und der Niedre, hat bisher unsrer Akademie den Ruhm der guten Sitten gegeben. Lass sen sie uns fortfahren, diese Ehre zu behaupten, und auch den Schatten der Ungezogenheit und Wildheit verdrängen, welche nie Gefährtinnen der Wissenschaften und Künste seyn dürfen. Lassen Sie uns über diese Sittsamkeit halten, die vor so vielen Ausschweis fungen bewahret und so große Vortheile verschafft. Wo ist für Studirende mehr Ruhe, mehr unschul, diges Vergnügen, mehr wahre Freyheit und weniger Beeinträchtigung derselben, als hier? Und wem haben wir dieses Glück zu danken? Den guten Sitten, der bescheidnen und stillen Lebensart. O, gute Jüng linge, helft sie erhalten, wenn Ihr Euch und mich liebt; und hütet Euch vor dem Geschmacke am Sonderbaren und Dreisten: denn auf das Sonderbare und Dreiste folgt bald das Ausschweifende und Un. verschämte. Nein, was ehrbar, was gerecht, was züchtig, was liebreich und ruhmwürdig ist; ist etwan eine Tugend, ist etwan ein Lob, dem strebet nach! *) Das find die wahren guten Sitten, welche die Religion und gereinigte Vernunft uns lehren.

*) Philipp. 4, 8.

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Vierzehnte Vorlesung.

Von den Pflichten in Absicht auf die åußerlichen Güter des gesellschaftlichen Lebens, und zwar zuförderft in Absicht auf guten Namen und Ehre.

Das Berlangen nach einem guten Namen, nach

Beyfall und Ehre ist dem Menschen eben so natur lich, als das Verlangen nach Vollkommenheit; in fo weit nåmlich Beyfall und Ehre entweder als eine Frucht und ein Merkmal der Verdienste, oder als nügliche Mittel zu heilsamen Abfichten mit menschlicher Vollkommenheit verknüpft sind. Der Trieb nach Ehre bleibt also so lange eine natürliche gute Anleitung zu löblichen Bemühungen, als er von der Vernunft zu seiner Absicht gehörig geleitet, auf wahre Verdienste und gute Eigenschaften gerichtet, und durch Demuth und Unwerfung gegen Gott geordnet und regieret wird; und er wird nur alsdann eine Quelle von Thorheiten und Lastern, wenn er sich

der Herrschaft der Vernunft entreißt, in eine heftige Leidenschaft ausartet, und die Absicht verkehret. Ein Mensch, der durch keinen Beyfall und durch keine Schande gerühret wird, ist der nächste bey dem Thiere; und unter den ehrsüchtigen Herzen ist dieses noch das beste, das seine Ehre in solchen Gegens stånden sucht, die der Welt heilsam, und ohne die Uebung der höhern Kräfte der Seele nicht wohl zu erlangen sind.

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Der gute Name, in so fern er die Rechtschaf= fenheit des Herzens, die alle Menschen besigen sol· len, vorausseget, bleibt allezeit Pflicht; und wir, können nicht gut seyn, wenn wir ihn nicht wünschen und eifrig suchen. Aber in wie fern ist die Bestrebung nach Ehre eigentlich Pflicht? Lassen Sie uns, dieses zu erkennen, die Beschaffenheit der Ehre, iha ren Einfluß auf uns und Andre, die Absicht, aus der wir Ehre suchen, und die Mittel und Eis genschaften, durch die wir sie suchen, genauer be trachten.

Die Ehre ist überhaupt die günstige und ges gründete Meynung der Andern von unsern Verdien= sten und Geschicklichkeiten, und von der Absicht, fie auf die beste und gemeinnüßigste Art anzuwenden. Den Klugen und Rechtschaffnen gefallen wollen, ist für sich löblich. Ihr Beyfall vergnügt, und ståckt die Seele zu neuen guten Unternehmungen. In die= ser Aussicht ist das Gerüchte köstlicher, denn großer Reichthum, und Gunst besser, denn Silber und Gold. *) Den Beyfall der

*) Sprůch. Sal, 22, 1.

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Rechtschaffnen in einem Maaße verlangen, in wels chem wir ihn nach unsrer eignen Ueberzeugung nicht verdienen, ist Begehrlichkeit und Geiz. Die gute Meynung der Verständigen begehren, ohne Verdienste zu haben, oder ohne dieselben gehörig zu suchen, ist mehr als Eitelkeit, ist die Lügen eines elenden Her= zens. Eben daher wachet ein Mann von kleinen Verdiensten so ångstlich für seine Ehre, weil er weiß, daß sein Anspruch darauf schlecht gegründet ist. Die Achtung der Andern durch zufällige Güter, durch Reichthum, Geburt, Stand und Pracht, durch das Kleid und andre Kostbarkeiten suchen, ist finns licher Ehrgeiz; und der Tribut des Beyfalls, den wir durch diese Vorzüge vor Undern erhalten, ist das Allmosen des Pöbels, der gern das Glänzende mit den Verdiensten vermenget, weil Verdienste oft im Glanze erscheinen. *) Seinen Ehrgeiz in freywilligen Geschenken der körperlichen Natur, in Schönheit und Stärke sehen, heißt als Bildsäule diefelbe Bewunde= rung verlangen, die der Hand des Künstlers gehört. In dem äußerlichen Anstande und in gefälligen Site ten seine Ehre allein suchen, ist der Ehrtrieb kleiner Seelen. Sie hingegen durch Gaben des Geistes, durch angenehme oder nüßliche Werke der Kunst und des Wiges gehörig suchen, ist eine rühmliche Ehrbez gierde. Und seine Ehre in einem guten Gewissen, burch eine willige und sorgfältige Beobachtung aller feiner Pflichten aus Unterwerfung gegen Gott, und in deffen Beyfalle suchen, in einer wahren Niedrigs keit und Demuth des Herzens gegen ihn, als den

*) Youngs Nachtgeb.

Quell aller Vollkommenheit und den Geber aller guten Gaben, in der Empfindung aller feiner eignen Unwürdigkeit suchen, das ist die höchste Staffel des Verlangens nach Ehre, auf welche sich die Menschen, so verschieden ihre Gaben und Fähigkeiten, so vera schieden ihr Rang, ihre Geburt, Erziehung und ihre natürlichen Neigungen sind, dennoch empor schwingen können. Welche rühmliche Bemerkung für die Würde des Menschen, daß Alle die wahre Ehre durch Pflicht und Demuth erlangen können!

Durch sie steigst du zum göttlichen Geschlechte,
und ohne sie sind Könige nur Knechte.

Aber auch welche demüthigende Erfahrung, daß die meisten sie außer dieser Hoheit, in zufälligen oder finnlichen Gegenständen, oder in eingebildeten und thōrichten, oder noch tiefer herab, in schimpflic chen Gegenständen suchen! Ohne das Verdienst des Herzens mögen wir noch so berühmt seyn, noch fo hoch steigen, unsre Höhe ist doch nur, wie Young sagt, der Galgen unsers Namens.

Die Menschen offenbaren ihre gute Meynung von uns durch außerliche Kennzeichen; und diese Kennzeichen bedeuten nichts, wenn sie nicht im Stande sind, von unsern Verdiensten und ihren Absichten richtig zu urtheilen, oder wenn sie sich ihrer ohne Ueberzeugung bedienen. Das Verlangen nach Beyfalle, wenn es vernünftig seyn soll, muß also ein Verlangen nach einem gegründeten und wahren Beyfalle der Klugen und Rechtschaffnen feyn. Den Klugen reist nur die Gründlichkeit des Lobes:

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