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Eilfte Vorlesung.

Von der Sorgfalt für die Gesundheit des ›

Körpers.

Von den vornehmsten Pflichten des

Die

Menschen.

ie Summe der menschlichen Glückseligkeit bestehet aus vielen einzelnen Gütern, die sich bald auf Bedürfnisse unsers Körpers, bald auf unsre geselle schaftliche Wohlfahrt, bald auf das Glück der Seele beziehen. Die innerliche Anleitung des Gewissens und der Vernunft, diese Güter zu behaupten und dem Entzwecke, zu dem sie uns von Gott gegeben find, gemäß anzuwenden, heißt überhaupt die Pflicht des Menschen, und die regelmäßige Ausübung dieser Pflichten aus der rechten Absicht, heißt Tugend. Das allgemeine Amt des Mens schen besteht also darinne, diese Pflichten, so wohl nach ihrer Absicht, als nach ihren Mitteln aufrichtig zu erforschen, sie als den göttlichen Willen zu vershren, und dieselben immerdar und in allen Vorfäl

len, in seiner Seele durch Einwilligung und Vorfas, aber auch in äußerlichen Handlungen durch die That auszuüben. Ich darf in der Einleitung zu diesen Pflichten kurz seyn, da ich das Vornehmste schon in den ersten Vorlesungen erinnert habe.

Unser Körper hat seine Güter. Wir lieben die Gesundheit und Dauerhaftigkeit desselben, und suchen die Mittel zur Beschüzung und Erhaltung unsers Lebens. Krankheit und Schwächlichkeit sind nicht nur die Zerstörer unsers Lebens, sie sind auch gern die Peiniger unsrer Seele. Sie machen uns zu den erlaubten Freuden des Lebens, zum Dienste der Welt, zum Umgange, und selbst zur Erwerbung unsrer Bedürfnisse ungeschickt. Und ein gesunder fes fter Körper, wie viel Freude und Vortheile verschafft er uns und der Welt! Die Sorge für die Güter des Körpers ist also Pflicht, so lange sie uns von keinem größern Gute abhält.

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Wir lieben und schäßen aber auch vermöge un fers natürlichen Verlangens nach Glückseligkeit diejenigen Gegenstände, die auf unsre äußerliche oder gesellschaftliche Wohlfahrt einen Einfluß haben; wir wünschen einen guten Namen, Unsehen, Vermögen, Sicherheit, Freyheit. Sie sind Mittel theils zu nothwendigen Bedürfnissen, theils zur Ruhe und Bequemlichkeit des Lebens; und die Sorgfalt für diese Güter ist Pflicht, in so fern wir dieselben als Mittel so wohl zu diesen als andern höhern Absichten, aus Gehorsam gegen den göttlichen Willen, suchen und anwenden.

Unser Geift hat seine Güter; Kräfte des Vers standes, der Einbildung, des Gedächtnisses und des

Geschmacks. Sie schaffen uns wichtige Vortheile; fie geben vielen Künsten, Wissenschaften und Gewerben, die bald nügen, bald vergnügen, ihr Daseyn und Leben. Auf ihrer richtigen Anwendung beruht sichtbar die Wohlfahrt des Menschen. Sie find mehr, als die Güter des Glücks, mehr als die Gůter des Körpers. Die Sorfalt für diese Güter ist Pflicht, und zwar größre Pflicht.

Unser Herz hat seine Güter, die von dem Verstande zugleich abhängen, ich mèyne die Herrschaft über seine Begierden, oder die Mäßigung derselben ; ferner die Neigung des Wohlwollens gegen Andre, und die edelste Neigung der Ehrfurcht und Liebe ge= gen den Urheber unsers Wesens. Die Sorgfalt für diese Güter ist Pflicht, sie ist die höchste Pflicht.

Nach dieser bekannten Rangordnung und Eintheilung der Güter des Menschen will ich die Lehre von den vornehmsten Pflichten so vortragen, wie ich glaube, daß sie Ihnen am nüglichsten und ange nehmsten werden kann.

Von den Pflichten gegen den Körper.

Ich komme also ohne weitere Einleitung zu den Gütern des Körpers. Wer hält nicht Gesund heit, Stärke, und Dauerhaftigkeit des Körpers in den Arbeiten und Beschwerden des Lebens für ein Glück? Wer liebt nicht die Reinlichkeit und Wohl anständigkeit? Die Sorge für diese Güter wird also aus allen denen Ursachen eine Pflicht für uns seyn, aus welchen sie ein Gut find. Ihre Wichtigkeit bestimmt jederzeit die

Größe der Pflicht, und ihre Natur lehret die Mittel, die uns diese Pflicht erleichtern helfen.

Wir reden zuerst von der Gefundheit, von der Größe dieses Gutes, alsdann von den Mitteln, es zu erhalten, und zuleht will ich ihre Unwendung in einigen Charakteren darstellen.

Ist die Gesundheit eines der angenehmsten Geschenke der Vorsehung, so ist es Dankbarkeit, fie zu erhalten und zu beschüßen; und wer kann glau. hen, daß er sich die Gesundheit gegeben, da er sich selbst nicht das Leben gegeben hat? Ist fie ferner ein Geschenke, das uns zu nützlichen Abfich. ten verliehen worden: so wird es die göttlichen Ub. fichten aufhalten und zernichten heißen, wenn man feine Gesundheit muthwillig oder durch Vernachlässt, gung zu Grunde richtet oder schwächet.

Laffen Sie uns nåher kommen und die Gesundheit auf der Seite des Vergnügens und des Nutzens betrachten. Ihr Einfluß breitet sich über unsern Körper und unsre Seele, über unsre Ges schäfte und über die Welt aus. Ein richtiger Umlauf des Blutes und der Lebensgeifter, eine fühlbare Stärke der Nerven und eine Leichtigkeit, unsre Glieder nach dem Willen unsrer Bedürfnisse zu bewegen, ein uns einladender Hunger zu dem Genuffe auch der einfältigsten Speisen, ein williger und stårs kender Schlaf, find große Vortheile und Freuden des Menschen. Diese Freuden störet die Krånk

lichkeit.

Der Mangel der Gesundheit überzieht die Seele mit einem traurigen und verdrüßlichen Wesen, das

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