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zu feyn? Bin ich nicht zu diesem Guten, das ich nun thue, ohnedieß schon verbunden? Und wenn ich einen belohnenden Gott glaube, muß ich nicht auch einen bestrafenden Gott glauben? Ist Gott nur Güte? Das beruhigte Gewissen in der Religion ist die Frucht eines göttlichen Glaubens und einer zus gerechneten unendlichen Gerechtigkeit, die den Frieden mit Gott wirket. Das gute Gewissen nach der Philosophie erlangen wir durch unsre Tugend; und die. beste Tugend ist sehr unvollkommen. Das gute Gewissen nach der Religion ist ein Geschenk des Him-, mels und eine Frucht eines geheiligten Herzens. Wie groß ist dieser Unterschied! Wie geschickt ist er,« den Stolz der Vernunft zu demüthigen, und die christliche Moral dem Auge des Verstandes ehrwürs dig zu machen! Aus dieser Ursache habe ich ihn gezeigt. Denn eb ich Ihnen gleich nur die Pflich= ten der Vernunft vorzutragen willens bin: so werde. ich doch nie vergessen, daß ich und Sie Christent find; und daß es die Hauptpflicht der Vernunft ist, wenn eine nåhere göttliche Entdeckung der Tugend und unsers Glückes vorhanden ist, sie dankbar zit verehren, und anzunehmen. Die der christlichen ,,Religion ganz eigne Lehre von der Vergebung uns

ferer Sünden um desjenigen willen, was Jesus für ,,uns gethan und gelitten hat, die Verheißung aller ,,davon abhangenden Wohlthaten und Darreichung „göttlicher Kräfte zum Guten, ist eben der Natur

einer göttlichen Offenbarung recht angemessens thut „auf einer Seite der höchsten Oberherrschaft, der ,,Ehre Gottes und seiner höchsten Eigenschaften, feis ,,ner unwandelbaren Gerechtigkeit, seiner unerschöpf,,lichen Güte, seiner unverleglichen Heiligkeit ein voll

*)

,,kommenes Gnuge; und befestiget auf der andern; ,die wahre Tugend und Gottseligkeit so wohl als die „Ruhe unsers Gewissens ungemein, da sie eine voll,,kommene Heiligkeit und einen unermüdeten Eifer ,,im Guten erfordert, und doch zugleich unsre Selig= ,,keit nicht unsern Werken oder Verdiensten, sondern ,,allein dem Glauben an Gott und Jesum Christum „zuschreibt; uns übernatürlichen Beystand und freye ,,Vergebung um des Verdienstes Chrifti willen vers „heißt. Welche Religion ist je gewesen, oder lågt ,,sich ausdenken, die einen vortrefflichern und beffer. ,,zusammenhangenden Unterricht von unserer Seligs ,,keit gåbe ?") - Auch den Feinden der Religion, wenn sie billig sind, muß die christliche Sittenlehre Beyfall und Ehrerbietung abnöthigen. Die Vernunft, ist allerdings ein hohes göttliches Geschenke; und sie aufrichtig anwenden, um die moralische Natur des Menschen kennen zu lernen, und aus seinen Kräften, Fähigkeiten, Bedürfnissen, und den Verhältnissen. gegen Gott und unsre Brüder, zu bestimmen suchen, was wir nach ihrem Befchle und nach dem Ausspruche des Gewiffens zu thun, oder zu lassen schul.. dig sind, das ist die wichtigste Pflicht. Für Heiden, die keine nåhere Offenbarung hatten, war das Natur. geses auch das höchste Geset. Aber für Christen ist die philosophische Moral der Schritt zur Moral der Religion; und in dieser Aussicht ist es gewiß, daß. ein vernünftiger und aufrichtiger Deist die höchste Anlage zum Christen hat. Selbst die Apostel, wenn

*) S. Nösselts Auszug aus der Vertheidigung der Wahr: heit und Göttlichkeit chriftlicher Religion, III. Abschn., II. Hauptst. 11. Abtheil. §. 176. a. d. 102. S.

fie die Heiden zum Christenthume führten, fiengen ihren Unterricht mit der natürlichen Erkenntniß von Gott an. Wer, nach ihrem Ausspruche, zu Gott kommen, das ist, ein Christ werden will, der muß glauben, daß Gott sey und denen, die ihn suchen, ein Vergelter seyn werde. *) Ein frommer Haupt= mann, Cornelius, fürchtete Gott nach der Vernunft; und gleichwohl war diese Frömmigkeit, nach der Bekanntmachung der christlichen Religion, nicht zu seis nem Heile zureichend. Aber sie führte ihn doch zum Glauben an den Erlöser der Welt; und in so weit war fie ein Gehorsam, der Gott angenehm feyn mußte. Nun sehe ich mit Wahrheit, sagte der Upo ftel, baß Gott die Person nicht ansicht, sondern we ihn fürchtet und recht thut, ist ihm angenehm. **) Wer Gott, nach der Vorschrift, die er ihm gegeben hat, mit ganzem Herzen fürchtet und recht thut, ist ihm anges nehmz dieß sey unser höchster Grundsag; und die beständige Ausübung desselben unsre einzige Ehrbegierde! Gott, der Allmächtige, ist unser Freund; in unsrer Seele wohnet Friede; und die ganze ewige Zukunft wird Seligs teit seyn; dieses ist der größte und würdigste Gedanke eines Vernünftigen, den er denken, und den er höher als den Besig der ganzen Welt halten · foll.

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*) Hebr. 11, 6.

**) Apostelgesch. 10, 34. 35.

Fünfte Vorlesung..

In wie fern die Tugend der Weg zur Glückseligkeit sey, und worinnen das Wesert der Tugend bestehe.

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enn die Glückseligkeit in dem Genusse des höch, ften und dauerhaften Guten bestehet, dessen ein Mensch fähig, und in der Befreyung von den` grỗBern und kleinern Uebeln, deren Ubwendung in unfrer Gewalt ist: so lehret uns alles, die Vernunft, unser Herz und die Erfahrung, daß die Tugend der einzige und sichre Weg zu unsrer Glückseligkeit sey; oder daß uns der Besik und die Ausübung der Tugend die höchsten und beständigsten Freuden gewähre, und die größten Uebel entweder abwende, oder uns doch die Last derselben erleichtern helfe. Hiervon wollen wir in der gegenwärtigen Stunde reden.

Wir sind, wenn wir uns auf der doppelten Seite, des Körpers und der Seele, betrachten, verschiedener Freuden fähig; verschiedenen Uebeln aus

gefeßet. Wir finden Vergnügungen und Schmerzen des Körpers, Vergnügungen der Einbildungskraft, Vergnügungen des Verstandes, Freuden des Her. zens, und Unruhen und Vorwürfe desselben; Freus den, die theils der Lebhaftigkeit und Dauer, theils der Güte und Würde nach, sehr verschieden sind.

Die finnlichen Freuden, die aus der Stillung der körperlichen Begierden entstehen, sind die flüch, tigsten und zugleich die unedelsten; denn wir haben fie mit den Thieren gemein. Ihr Genuß läßt nichts in unfrer Seele zurück, über das wir mit Beyfalle nachdenken könnten. Die herrlichste Mahlzeit gehalten zu haben, ist kein Gedanke, dessen sich unser Geist im stillen rühmet, kein Trost, der unsre Seele im Elende aufrichtet. Die Freuden einer bloß kör. perlichen Liebe, ohne den Geist verständiger Freundschaft und einer keuschen Ehe, sind, wie die kürze= ften, also auch die niedrigsten dem Range nach. Selbst die unschuldigsten Freuden der Sinne gleiz chen den Blumen; sie sterben, so bald sie gebrochen find.

Wir nehmen ferner wahr, daß die Vergnügun= gen der Sinne, nur in einer gewissen Maaße ges nossen, mit unsrer Natur übereinstimmen; daß uns die Uebermaaße derselben, Schmerzen des Körpers, Schwachheiten und Krankheiten erwecket, die Kräfte des Lebens verzehret, die Fähigkeiten des Geistes schwächet und unterdrücket. Wir nehmen wahr, daß diese natürlichen Neigungen zum sinnlichen Vergnůs gen durch eine uneingeschränkte Befriedigung zu stürmischen Leidenschaften werden, die uns zum Gegens stande der Luft hinreißen, den Verstand blenden und

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