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Er. Wenn Sie Sich fühlen?

"Ich.

Aber ich versteh Sie auch wohl nicht

ist die christliche Liebe nicht die christliche Religion?

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Er. Denn ein anders sind die Glaubenslehren der chriftlichen Religion, und ein anders das Praktische, wels chyes sie auf die Glaubenslehren will gegründet wissen.

Ich. Und wie ja?

Er. In so fern nur das wahre christliche Liebe ist, Die auf christliche Glaubenslehren gegründet wird.

Jch. Aber welches von beiden mögte wohl das Schwes rere seyn? Die christlichen Glaubenslehren annehmen

und bekennen? oder die christliche Liebe ausüben?

Er. Es würde Ihnen nichts helfen, wenn ich auch einråumte, daß das Lehtere bei weitem das Schwerere sei. Ich. Was soll es mir denn helfen?

Er. Denn es ist um so lächerlicher, daß sich jene ges wisse Leute den Weg zur Hölle se sauer machen.

Ich. Wie so?

Er. Wozu das Joch der christlichen Liebe auf sich nehmen, wenn es Ihnen durch die Glaubenslehren weder sanft noch verdienstlich wird?

Ich. Ja freilich diese Gefahr müssten wir sie nun schon laufen lassen. Ich frage also nur: ist es von andern gewissen Leuten klug gehandelt, dieser Gefahr wegen, wels che jene gewisse Leute mit ihrer unchristlichen christlichen Liebe laufen, ihnen den Namen der Christen abzusprechen?

Er. Cui non competit definitio, non competit definitum. Habe ich das erfunden?

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"

Ich. Aber wenn wir gleichwohl die Definition ein wenig weiter faffen könnten? Und das nach dem Ausspruche jenes guten Mannes: Wer nicht wider uns ist, der ist für uns. Sie kennen ihn doch, den guten Mann?

Er. Recht wohl. Es ist eben der, der an einem Orte sagt: Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich.

Ich. Ja so! Allerdings, das bringt mich zum Stillschweigen. Q, Sie allein sind ein wahrer Christ! - Und belesen in der Schrift, wie der Teufel.

1

"

Wieland.

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Von seinen im lucianischen Geschmack und Geiste geschries benen Dialogen habe ich schon B. VI, S. 165, eine Probe geges ben. Seitdem find seine Lieuen Göttergespräche erschienen, die meistens auf bekannte Zeitumstånde Beziehung haben, und aus denen ich hier nur das kürzeste wähle, dem jedoch die übris gen an Werth gewiß nicht nachstehen.

Flora. Antinous.

F. Warum so einsam und so düfter, schöner Antinous? SA. Ich würde vielleicht weniger düster seyn, wenn ich einsamer wåre, schöne Flora.

F. Wiewohl das Kompliment nicht das verbindlichste ist, so finde ich es an deinem Plaße so natürlich, daß ich mich nicht dadurch beleidigt halten kann. Es ist ein wahres Unglück, gar zu liebenswürdig zu seyn.

A. Niemand kann ein grösseres Recht haben dies zu sagen, als die schöne Flora.

F. Whzu diese erzwungene Galanterie? Glaubst du, ich könne so wenig Wahrheit ertragen, daß du mich gleich wieder streicheln müssest?

A. Ich habe darum nicht weniger Augen, ob [fie gleich ihr Gefühl meinem Herzen nicht mittheilen können. Ich sehe so gut als irgend ein anderer, wie liebenswürdig du bist, wiewohl keine State, deren Augen ein Gott mit Sehkraft begabte, kälter bei deinem Anblick bleiben könnte, als ich.

F. Ich begreife dies vollkommen. Gerade so, schis ner Antinous, geht es mir mit dir. Ich höre, seitdem

du

du hier angekommen bist, alle unsrere Göttinnen mit Ent zücken von dir sprechen. Sie versuchen es nur nicht, die Regungen zu verbergen, die du ihnen einfldssest. Sogar die alte Cybele heftet kleine funkelnde Augen auf dich, und gesteht, daß der schöne Attis nicht so reizend war, als du, Ich allein finde nichts in meinem Herzen, das mir begreifs lich machte, wie man dich mit allen deinen Reibungen lie ben kann.

A. Das ist nicht sehr schmeichelhaft für mich.

F. Spotte meines Unglücks nicht, Antinous! Wie gern wollte ich das Glück, zu empfinden, sogar mit der Quaal ungeliebt zu lieben, erkaufen.⠀

A. Du kennest vermuthlich diese Quaal nur vom Hdrensagen?

Λ

F. Dafür giebt es ein andres Unglück, womit ich nur zu sehr bekannt bin

A. Von Jedermann mit Liebe verfolgt zu werden, ohne jemand zu finden, der sie dir håtte mittheilen können? Nicht wahr?

F. Ich kenne kein größeres.

A. Du bist, wie es scheint, nie bis zur ausschweis fenden Schwärmerei von einem Einzigen, und von einem Einzigen, dem die ganze Welt zu Gebote stand, geliebt wor den, und genöthigt gewesen, seine Liebe zu dulden, ohne sie erwiedern oder nur durch die mindeste Theilnehmung dir selbst erträglich machen zu können: denn da hättest du cin noch grösseres Unglück gekannt.

Ist es ein Fluch, den irgend ein misgünstiger Damon auf die Schönheit gelegt hat? oder liegt es in der Natur der lehtern, nichts auffer sich zu bedürfen, und in völlig befriedigter Selbstgenügsamkeit die Huldigung der:

Sterbe

Sterblichen, als etwas das ihr gebührt, anzunehmen, ohne sich dadurch geschmeichelt zu fühlen? Ich habe es nie recht ins klare bringen können: aber das weiß ich, daß ich mir oft gewünscht habe, häßlich zu seyn.

U. Welch ein Wunsch!

unge:

F. Erträglich häßlich, das versteht sich; fähr wie mir die meisten Personen meines Geschlechts vors kamen, wenn ich sie neben mir in einem Spiegel erblickte. Es ist wahr, eine Häßliche flösst nicht leicht Liebe ein: aber wenn es ihr begegnet, so wird sie auch dafür bis zum Un finn geliebt; und dies muß ein Genuß für sie seyn, dem keine andere Wonne gleicht.

A. Wie so?

F. (verwundert.) Wie so? Ich dächte das begriffe sich auf der Stelle.

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So muß ich nicht recht gehört haben was du mir sagtest.

F. Du erweisest mir die Ehre Zerstreuungen bei mir zu haben, schöner Antinous ?

2. Das ist sehr natürlich, wenn man dir gegen: über ist.

F. Bald håtte ich auch gefragt, wie so? Aber in diesem Augenblick wandelt mich ein Wunsch an, der dir noch nårrischer vorkommen wird, als der Wunsch häßlich zu seyn.

2. Und der wäre?

F. Daß ich ein Zaubermittel wissen möchte, dich selbst ein wenig håßlich zu machen.

A. Du bist sehr gütig, Flora.

F. Wohl verstanden, nicht eben häßlich in meinen Augen, aber doch in den deinigen.

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