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Ein andermal besuchte ihn ein junger Kaufmann, Herr Flau, der gar sehr über sein Unglück klagte. -Ei was? fieng der alte Witt an, und schüttelte ihn; Er muß das Glück nur suchen, Herr Flau; er muß darnach aus seyn. Das bin ich ja lange; aber was hilfts? Immer kommt ein Streich über den andern! Künftig lege ich die Hånde gar lieber in den Schoos und bleibe zu Hause.

Ach nicht doch! Nicht doch, Herr Flau! Gehen muß er immer darnach, aber nur hübsch in Acht nehmen, wie ers Gesicht trågt.

Was? Wie ichs Gesicht trage?

Ja, Herr Flau! Wie ers Gesicht trägt. ihm erklären.

Ich will's

Als da mein Nachbar zur Linken sein Haus baute, so lag einst die ganze Straße voll Balken und Steine und Sparren; und da kam unser Bürgermeister gegangen, Herr Trik, damals noch ein blutjunger Raths, herr, der rannte, mit von sich geworfenen Armen, ins Gelag hinein, und hielt den Nacken so steif, daß die Nase mit den Wolken so ziemlich gleich war. -Pump! lag er da, brach ein Bein, und hinkt noch heutiges Tages davon. Was will ich nun damit sagen, lieber Herr Flau?

Ei, die alte Lehre! Du sollt die Nase nicht allzuhoch tragen.

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Denh

Ja, sieht er! Aber auch nicht allzuniedrig. nicht lange darnach kam auch ein anderer gegangen, das war der Stadtpoete, Herr Schall, der mußte entweder Verse oder Haussorgen in seinem Kopfe haben, denn er schlich ganz trúbsinnig einher, und guckte in den Erdboden, als ob er hineinsinken wollte. Krach! riß ein Seil, der Balken herunter, und wie der Blig vor ihm nieder. — Vor Schrecken fiel der arme Teufel in Ohnmacht, ward krank und mußte ganze Wochen lang aushalten. Beisp.Samml. 8.Bd. 1.Abth.

R

Merkt

er

er nun wohl, was ich meine, Herr Flau? Wie man's Gesicht tragen muß?

Sie meinen so hübsch in der Mitte.

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Ja freilich, daß man weder zu keck in die Wolken, noch zu scheu in den Erdboden sieht. Wenn man so die Augen fein ruhig, nach oben und unten und nach beiden Seiten umherwirft, so kommt man in der Welt schon vors wårts, und mit dem Unglück hat's so leicht nichts zu sagen.

Noch ein andermal besuchte den Herrn Witt ein jun ger Anfänger, Herr Wills; der wollte zu einer kleinen Spekulation Geld von ihm borgen. Viel, fieng er an, wird dabei nicht heraus kommen, das sehe ich vorher; aber es rennt mir so von selbst in die Hände. Da will ich's doch mitnehmen.

Dieser Ton stand dem Herrn Witt gar nicht an. Und wie viel meint er denn wohl, lieber Herr Wills, daß er brauchet?

Ach,' nicht viel! eine Kleinigkeit! Ein hundert Thås Lerchen etwa.

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Wenn's nicht mehr ist, die will ich ihm geben! Recht gern! Und damit er sieht, daß ich ihm gut bin, so will ich ihm obendrein noch etwas anders geben, Brüdern seine tausend Reichsthaler werth ist. reich damit werden.

Aber wie, fieber Herr Witt, obendrein!

das unter Er kann

Ich

Es ist nichts. Es ist ein bloßes Histörchen. hatte in meiner Jugend einen Weinhåndler zum Nachbar, ein gar drolligtes Männchen, Herr Grell mit Namen; der hatte sich eine einzige Redensart angewöhnt, die bracht ihn zum Thore hinaus.

Ei, das wäre, die hieß?

Wenn

Wenn man ihn manchmal fragte: Wie stehts, Herr Grell? Was haben Sie bei dem Handel gewonnen? Eine Kleinigkeit, fieng er an. Ein funzig Thälerchen etiva. Was will das machen? Oder wenn man ihn

anredete; Nun, Herr Grell, Sie haben ja auch bei dem Bankerutte verloren? Ach was, sagte er wieder. Es

ist der Rede nicht werth. Eine Kleinigkeit von ein huns decter fünfe. Er saß in schönen Umständen der Mann; aber wie gesagt! die einzige verdammte Redensart half ihm glatt aus dem Sattel. Er musste zum Thore damit hins Wie viel war es doch, Herr Wills, das er

aus.

wollte?

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Aber

Ja recht, mein Gedächtniß verlässt mich. ich hatte da noch einen andern Nachbar, das war der Kornhåndler, Herr Tomm; der baute von einer andern Redensart das ganze große Haus auf, mit Hintergebåude und Waarenlager. Was dunkt ihm dazu?

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Ei, ums Himmels willen, die möcht' ich wissen. die hieß?

Wenn man ihn manchmal fragte: Wie stehts, Herr Tomm? Was haben Sie bei dem Handel verdient? Ach, viel Geld, fieng er an, viel Geld!

man, wie ihm das Herz im Leibe lachte;

und da sah

ganzer hune

dert Reichsthaler! — Oder wenn man ihn anredete: Was ist Ihnen? warum so můrrisch, Herr Toinm? Ach, fagte er wieder, ich habe viel Geld verloren, viel Geld, ganzer funfzig Reichsthaler. Er hatte klein angefangen, der Mann; aber wie gesagt, das ganze große Haus baute er auf mit Hintergebäude und Waarenlager. Nun, Herr Wills? Welche Nedensart gefällt ihm am besten?

Ei, das versteht sich, die leßte!

Aber so ganz war er mir doch nicht recht, der Herr Tomm. Denn er sagte auch, viel Geld! wenn er den Armen oder der Obrigkeit gab; und da hått' er nur immer sprechen mögen, wie der Herr Grell, mein anderer Nachbar. Ich, Herr Wills, der ich zwischen den bei den Redensarten mitten inne wohnte, ich habe mir beide gemerkt: und da sprech ich nur nach Zeit und Gelegenheit, bald wie der Herr Grell, und bald wie der Herr Tomm.

Nein, bei meiner Seele! Ich halts mit Herrn Tomin. Das Haus und das Waarenlager gefällt mir.

Er wollte also?

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Viel Geld, viel Geld, lieber Herr Witt! Ganzer hundert Reichsthaler!

Sieht er, Herr Wills? Er wird schon werden. Das war ganz recht. Wenn man von einem Freunde borgt, so muß man sprechen wie der Herr Tomm, und wenn man einem Freunde aus der Noth hilft, so muß man sprechen wie der Herr Grell.

Leffing.

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Le s sing.

Auch in der dialogischen Schreibart war er, wie in so manchen andern Gattungen des Styls, ein vorzügliches Muster. Man weiß, daß von mehrern Verdiensten seiner sämmtlichen Schauspiele der Dialog nicht das kleinste ist. Es ist so wahr, was Herder) von ihm sagt: Am meisten übertraf er alle feine Vorgänger in der Geschlankigkeit des Ausdrucks, in den immer neuen, glänzenden Wendungen seiner Einkleidung, und Sprache, in dem wirklich philosophischen Scharffinn,''den er mit jedem Eigensinn seines immer muntern, immer dialogis schen Styls zu verbinden, in dem er die durchdachtesten Sachen mit Tederei und Leichtigkeit gleichsam nur hinzuwerfen wusste.“ Trefflich, duch von dieser Seite, sind seine bekannten Gesprås, che, Ernst und Falk, über den Ursprung des Freimaurerordens, woraus sich aber hier nicht wohl ein einzelnes ausheben läfft, ohne Beziehung und Zusammenhang zu sehr zu stören. Eher noch lässt sich folgender meisterhafter Dialog für sich lesen, ob er gleich in die Reihe der kleinen Streitschriften gehört, welche die von 2. herausgegebenen berufenen Fragmente betrafen. Der, nun auch verstorbene, damalige Direktor Schumann in Hanno ver hatte bei dieser Gelegenheit eine Schrift über die Evidenz der Beweise für die Wahrheit der chriftlichen Religion drucken lassen, welcher L. sogleich einen Bogen über den Beweis des Geistes und der Kraft entgegen feßte. Am Schluß deffelben wünschte er, daß doch alle, welche das Evangelium Johannis trenne, das Testament Johannis wieder vereinigen möchte. Es ift freilich apokryphisch, dieses Testament, seßt er hinzu; aber darum nicht minder göttlich. Und hierauf bezieht sich der Aus fang des folgenden Gesprächs.

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*) Den ich unter unsern beften Dialogiften, besonders wegen des ersten Bandes seines Werks über den Geist der ebräischen Poesie, und wegen seiner scharfsinnigen Dialo gen, unter der Aufschrift, Gott, u. a. m. sehr vorzüglich fchage, ob ich gleich keine Beispiele daraus mitzutheilen Raum fand.

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