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K. Und gleichwohl thut niemand einen sichern Schritt auf der Anhöhe, der nicht vorher seine Tritte in der Ebene! abzumessen gelernt hat. Eben aus der kleinen i Schrift, von der wir jeßt reden, kann ich Ihnen einige Exempel anführen, wie leicht die scharfsinnigsten Köpfe, aus Mangel einer hinlänglichen Kenntniß der Ontologie, fehlen können.

Sie werden sich unstreitig zu erinnern wis-> sen, was der Verfasser in einer Anmerkung für einen Beweis von dem Saße des nicht zu Unterscheidenden verspricht. Er hålt nåmlich dafür, man könne alle einzelne Dinge zu gleicher Zeit als Arten und Geschlechter betrachten. Als Arten, in Ansehung derjenigen Geschlechter, in welchen sie unmittelbar enthalten sind, und die man insgemein für die untersten Arten anzusehen pflegt. Als Geschlechter hingegen, in Betrachtung ihrer verschiedenen Abånderungen, denen sie unterworfen sind, und die wiederum ihre Unterarten haben, und so unendlich fort. Nun sagt er ferner, da es ganz ungereimt sei, zwei vollkommen ähnliche Arten oder Geschlechter in der Natur anzunehmen: so könne dies ses eben so wenig von zweien einzelnen Dingen behauptet werden, denn die Reihe der Arten und Geschlechter gehet, feiner Meinung nach, bis ins Unendliche fort.

N. Nun? finden Sie denn an diesem Beweise etwas auszusehen?

K. Wenn es wahr ist, was dieser Schriftsteller versichert, daß ihn nåmlich diese Gründe lange Zeit vorher auf den Saß des nicht zu Unterscheidenden geführt haben, ehe ihm bekannt war, daß es eine Leibnißische Weltweisheit gebe; wenn dieses wahr ist, sage ich: so haben wir ein Exempel mehr, wie wenig von der Richtigkeit der Folgerung auf die Wahrheit der Gründe geschloffen werden kann. Denn erstlich ist es falsch, daß ein einzelnes Ding gegen feine Abänderungen als ein Geschlecht sollte angesehen werden können. Ein Ding gehört alsdenn erst zu den Indivi2. duis,

duis, wenn alles, was ihm zukommen kann, vollkommen bestimmt ist. So lange noch nicht ausgemacht ist, ob ihm dieses oder jenes zukomme, oder nicht zukomme; so lange gehört das Ding noch zu einer Art, oder zu einem Ges schlechte, und kann nirgends anders, als in der Absonderung anzutreffen seyn: denn der Begriff einer Art ist etwas allgemeines, dergleichen in der Natur nirgends, anders, als in den darunter begriffenen Individuis gefunden wird. Ein jeder weiß, daß alles an einem Dinge, seine Modificatio nen nicht ausgenommen, vollkommen bestimmt seyn muß, wenn es wirklich existiren soll. Nun sagen Sie mir eins mal, wie hat unser Schriftsteller glauben können, bei einem einzelnen Dinge, das von allen Seiten her vollkom men determinirt ist, noch Unterarten anzutreffen? Oder hat er irgend behaupten wollen, es wåre nie ein Ding von allen Seiten her bestimmt? Wie ist es denn möglich, daß es vorhanden seyn kann?

N. Allein dringen Sie auch unserm Weltweisen nicht eine Definition von Arten und Geschlechtern auf, zu der er sich niemals verstehen dürfte? Sie nehmen die Wolfische Definition von einer Art an; er aber mag vielleicht darunter nichts anders, als eine Menge ähnlicher Dinge zusam men genommen, verstanden haben, ohne daß es nöthig sei, die völlige Bestimmung dieser einzelnen Dinge aufzus heben. Sie können immer noch in etwas unterschieden seun, und dennoch zusammen genommen eine gewisse Art, oder ein gewisses Geschlecht ausmachen.

K. Gut! er kann die Worte nehmen, wie er will, die Sache bleibt deswegen noch immer einerlei. Ich sage, nach eben dieser Erklärung müssen alle Dinge zu einerlei Art gehören, die eben dieselbe Aehnlichkeit mit einander gemein haben; denn ihr besonderer Unterschied kömmt hierbei gar nicht in Betrachtung. Sehen Sie nunmehr, warum es ungereimt ist, zwei vollkommen ähnliche Arten anzunehmen?

men? Allein wie kann man dieses auf zwei einzelne Dinge: ziehen? Warum können diese nicht vollkommen einerlei Abs ånderungen haben, und in verschiedener Verbindung der Zeit und des Raums existiren? Ich finde zwischen diesen beiden Såhen nicht die mindeste Verbindung. Zwei Arten können unmöglich in Ansehung des Raums oder der Zeit. unterschieden seyn, weil Raum und Zeit bei der Bestim mung der Arten und Geschlechter gar nicht in Betrachtung kommen; warum kann dieses aber nicht von einzelnen Dins - gen gesagt werden? Jedoch vielleicht hat unser Schrifts steller nur erweisen wollen, es könnten zwei vollkommen åhnliche Dinge zu gleicher Zeit und in eben demselben Raume angetroffen werden? Wenn dieses ist, so hat er vollkom men Recht. Allein alsdenn enthält seine Lehre nichts, als was man Jahrhunderte vor Leibnißen eingesehen hat, und sie ist noch sehr weit von demjenigen entfernt, was man den Sah des nicht zu Unterscheidenden nennet.

N. Es thut mir wirklich leid, daß ich Ihnen Recht geben muß. Denn da Leibniß von seinem Lehrsage keinen Beweis gegeben: so wåre es wirklich zu wünschen, daß die Gründe unsers Schriftstellers eben so richtig als neu wåren.

K. Haben wir nicht Gründe genug, welche die Wahrheit dieses Lehrfaßes auf eine überzeugende Art darthun? Es ist wahr, Leivniß scheinet sich mit der Induktion begnügt zu haben; allein haben es seine Nachfolger an Beweisthümern fehlen lassen? Nichts kann, meinem Urtheile nach, überzeugender seyn, als der Beweis, den Wolf davon gegeben. Ja aus der allgemeinen Harmonie aller Dinge fließet dieser Saß so natürlich, daß man unmöglich diesen bestreiten kann, ohne jene zu läugnen. Denn wenn alles auf das genaueste mit einander verknüpft ist; so könnten in verschiedener Verbindung des Raums und der Zeit unmöglich zwei vollkommen ähnliche Dinge anzutrefs:

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fen seyn, ohne daß die ganzen Reihen von beiden Seiten sich vollkommen åhnlich wären. Wie gehet dieses aber an, wenn wir diese beiden Dinge nicht in zwei ähnliche Welten versehen wollen?

N. Je nun! Wenn es weiter nichts ist, so wollen wir immer zwei ähnliche Welten vorhanden seyn lassen. Wer die Existenz zweier nicht zu unterscheidenden Dinge annimmt, der wird ganz gewiß kein Bedenken tragen, mit dem Democritus auch vollkommen åhnliche Welten für möga lich zu halten.

K. O! des Democritus Meinung hålt den Angriff der Leibnißianer noch weit weniger aus. Nichts wird ihs nen leichter, als die Unmöglichkeit vieler Welten, die sich vollkommen ähnlich sind, zu beweisen. Denn entweder werden sie mit einander verknüpft seyn, oder nicht. Sind sie es, so machen sie nicht mehr als eine einzige Welt aus, denn alles gehört durchgehends zu einer einzigen Kette. Sind sie es nicht, so müssen sie entweder in etwas verschieden seyn, oder sie sind sich vollkommen ähnlich. Im ersten Falle kann unmöglich etwas vollkommen ähnliches in beiden Welten anzutreffen seyn, weil in jeder eines mit allem auf das genaueste verknüpft seyn muß, und im leßtern Falle sind diese Welten gar nicht von einander zu unterscheiden. Ich meyne, sie sind auch nicht einmal durch den Raum oder durch die Zeit zu unterscheiden, und ihre Verschiedenheit ist eine bloße Chimåre.

N. Eine bloße Chimåre? Und warum? Heisst dies ses nicht den Sah des nicht zu Unterscheidenden voraus sehen, eben da man ihn beweisen follte?

K. Nicht doch! Sie wissen, daß zwei ähnliche Dinge, die auch nicht einmal durch den Raum, oder durch die Zeit erkannt und von einander unterschieden werden kön men, Jahrhunderte vor Leibnißen eben so viel galten, als

zwei Dinge, die nicht zwei sind. Man mag einen einzi gen Begriff so vielmal hinseßen, als man immer will, so machen diese Hinsehungen nur deswegen eine Vielheit aus, weil die eine, entweder nach der andern, oder neben Der andern angenommen wird. Was heisst dieses aber ans Ders, als, weil sie in einem verschiedenen Raume, oder zu verschiedenen Zeiten angenommen werden? Hebt man diesen Unterschied auf, so werden alle diese Begriffe gleichs sam zusammenfließen und bloß ein einziges Ding ausmas chen. Wenn Leibniß die innere Möglichkeit zweier ähnlis chen Dinge zugesteht; so versteht er es nur so, daß Gott sich eben dasselbe Ding in verschiedener Verbindung der Zeit, oder des Raumes vorstellen, und auch wirklich hers vorbringen könne, wenn er es vermöge seiner unendlichen Weisheit für gut befånde.

N. Also kann sich Gott selbst keine zwei Dinge vor stellen, die nicht entweder einen innerlichen oder wenigstens einen åusserlichen Unterschied haben?

K. Eben so wenig, als er sich zwei Dinge vorstellen kann, die nicht zwei sind.

N. Nunmehr, gute Nacht, Hazard! — — Oder haben Sie es noch nicht gelesen, was für Mühe sich eben dieser Verfasser in einer neuern Schrift (du Hazard fous P'empire etc.) giebt, dem Leibnizianer ein Ungefähr aufzudringen, nach welchem Gott zu wirken genöthigt seyn foll? Nunmehr sind seine Figuren ganz gewiß vergeblich angebracht. Denn die zwei vollkommen åhnlichen Dinge, die er in dem göttlichen Verstande vor der Schöpfung ans nimmt, davon Gott eines auf Gerathewohl gewählt haben müsste, können, mit Leibnißen zu reden, nichts anders seyn, als ein einziger Begriff, den sich Gott in verschiede ner Verbindung des Raums oder der Zeit vorgestellt hat. Er hatte also nur zwischen zwei verschiedenen Verbindungen,

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