Imágenes de páginas
PDF
EPUB
[ocr errors]

Ich möchte wohl wissen, wer das Billet-doux an ihn geschrieben. Er scheint darüber aufgebracht zu seyn. Dies können Sie Sich auch merken, um das Kunststück Ihrer Politik vollständig zu machen. Fast däucht mir, daß Herr H** um in der Allegorie zu bleiben, nicht leiden kann, daß ein Mardochai vor ihm nicht aufsteht. Doch ich thue ihm vielleicht Unrecht, und will ihn gerne im Vors aus um Verzeihung bitten.

* Dies ist der zweite lange Brief, der unmittelbar auf einen noch långern folgt, den ich Ihnen erst vor acht Tagen geschrieben habe. Wenn ich dadurch mit Ihnen aufs gleiche komme, so ist meine Arbeit geschehen.

[ocr errors]

Um einen folgenden Brief von Ihnen wenigstens lehrs reich zu machen, da ich die meinigen nicht dazu machen kann, will ich die Frage am Ende aufwerfen: Was ist der Unterschied zwischen der poetischen Prose und prosais schen Prose?

Ich falle deswegen darauf, weil mir in der schweizer rischen Kritik ist vorgeworfen worden, daß mein T. v. d. V. in jener geschrieben sey. Ich erinnere mich, daß Sie mir einst gesagt haben, in der Prose muß kein Bild, keine Schilderei, kein Gleichniß, keine Figur angebracht werden, die bloß zum Schmuck dasteht, sondern sie müss sen erläutern. Wenn dieses alles ist, so ist meine Frage ziemlich aufgelöst.

Wie steht es mit dem Shaftesbury? Ich wollte, daß N. diesen lieber anstatt der Gegenbeherzigungen angeküns digt hätte. ¿

Leben Sie wohl für diesmal, lieber Freund! Ich wünsche Ihnen zu Ihrer bevorstehenden Verheiratung vieles Glück. Wünschen Sie mir dagegen, daß ich Sie wieder in Berlin einmal umarmen könne.

Für

[ocr errors]
[ocr errors]

Für die Stelle aus dem alten Schlesier danke ich Ihnen. Schade, daß sie Withoff nicht gekannt hat. Er würde sonst gesagt haben: Wir sind Wolfen, WolfLeibnißen, Leibnih dem Shaftesbury, Shaftesbury dem Schlesier, der Schlesier den Alten alles schuldig,

[ocr errors]

Winkel

Winkelmann.

Zu dem reichhaltigen Vorrathe von Kunstbeobachtungen und feinen antiquarischen Bemerkungen, welche die bekannten biftos rischen und abhandelnden Schriften dieses verdienstvollen und feiner Nation auch im Auslande so rühmlichen Helehrten (geb. 1718, geft. 1768) enthalten, lieferten die verschiednen, nach seis nem Tode gesammelten, Briefe von ihm an seine Freunde einen erheblichen und schẳßbaren Beitrag Eine der lehrreichßen dies fer Sammlungen ist die, welche zu Berlin, 1781, in zwei Theis len erschien. Sie enthält Winkelmann's Briefe an einen seiz ner vertrauteften Freunde, den nun verftorbnen. Baron Muzel Brosch. Aus dieser ist nachstehender Brief genommen.

Neapel, d. 30ften Oct. 1764.

Mein edler Freund!

Ich bin bereits über einen Monat in Neapel, und da

alle meine Briefe in Rom auf mich warten, so war ich nicht gewillet, als nach meiner Rückkunft zu schreiben. Die Verlängerung meines Aufenthaltes aber, welcher vermuthe lich noch zwei Wochen währen könnte, treibet mich endlich zu schreiben. Die Ursache meiner aufgeschobenen Rückreise ist die Wuth des Vesuvius, welcher verursachet, daß meine Bekannten, die mich auf den Fahrten ausser Neapel begleiten, dorthin gehen; und es bleibet auch das herkulas nische Museum, worauf meine vornehmste Absicht gehet, eben deswegen jest verschlossen.

Von dem schrecklichen Auswurfe dieses Berges, wel cher verwichenen Montag nach Mitternacht den Anfang nahm, werden alle Zeitungen berichten; und ich begnüge mich also nur zu sagen, daß man sich in diesem Jahrhun:

Derte

ift.

Ich befand mich zw

derte dergleichen nicht erinnert. Caserta *), wohin ich mit dem königlichen Baumeister Vanvitelli **) den Montag früh gegangen war; es kras chete aber alles in unserm Hause, da der Auswurf geschah, und das ganze Land war mit Asche bedecket, welche ein Steingries, F und dem schwarzen Streusande ähnlich Den Mittwoch früh gieng ich zurück nach Neapel, und zu meinem Glücke; denn Mylady Orford, die von Portici geflüchtet war, und im Begriff stand, bis nach Gaeta zu gehen, wohin sie mich mit sich zu führen gedacht hatte, da sie gehdret, daß ich nach Caserta gegangen, war gefolget, und die Nacht vor meiner Abreise in des Tanucci Hause neben uns angekommen, in der Meinung mich zu treffen, welches mich genöthigt håtte bei ihr zu bleiben, wodurch ich des Vergnügens, dieses seltne Phänomen zu sehen, beraubet gewesen seyn würde.

Den Mittwoch gegen Abend gieng ich nach Portici, in Begleitung des ehemaligen sogenannten Baron de Han, bei welchem ich wohne und esse, und des Baron Riedefels, nebst drei Bedienten mit Fackeln und einem Führer, und dieses geschahe zu Fuße, weil wir, um bis zur Mündung zu kommen, über schreckliche Berge von alter Lava zu klettern hatten, bis wir an die neue Lava gelangten, die wir unter der obern verhärteten Rinde laufen sahen. Endlich aber nach dem allerbeschwerlichsten Wege von zwei Stunden, den ich als ein guter Fußgånger in meinem Les ben gemacht habe, mussten wir, um zur Mündung zu kommen, die brennend heisse Lava übersteigen, welches unL 3 fer

*) Dem prächtigen königl. Luftschloß bei Neapel.
**) Von Abkunft ein Holländer, Namens van Kalf, der seis
nen Namen ins Italiänische überfekte, wie er da einheis
misch ward. Er behielt das van vielleicht zum Unterschiede
von den Vitelli bei, einer edlen alten ital. Familie. Uebris
gens ist er als Baumeister bekannt genug.

fer Führer sich weigerte zu thun, und da kein Mittel war, ihn zu bewegen, nöthigte ihn der Stock, und de Han Coder Hancarville, welches sein rechter Name ist,) gieng mit einer Fackel voran, und wir folgten mit zerplaßten Schuhen, so daß uns auch die Sohlen unter den Füßen verbrannten. Da wir an die Mündung kamen, fanden wir dieselbe mit der glühenden Lava vermischt, so daß die Deffaung nicht kenntlich war. Hier war ich der erste, wel cher sich auszog, um mein Hemde zu trocknen, und meine Begleiter thaten desgleichen. Während dieser Zeit leerten wir ein paar Flaschen Rossolis aus, und da wir trocken waren, suchten wir den Rückweg, welcher aber gefährlicher war, als der Hingang. Endlich, um es kurz zu machen, tamen wir gegen Mitternacht zu unsern Calessini *), tranken etliche Flaschen Lacrymå zu Resina, und fuhren nach Neapel zurück. **) Der Ausbruch hat den Montag Nachmittag aus drei Oeffnungen angefangen, und die feurigen Ströme sind dermaßen schrecklich, daß, wenn sie fich nicht getheilet håtten, und ein tiefes Thal angefüller, es um Portici und um das Museum geschehen gewes sen wäre.

Den folgenden Tag, nåmlich den Donnerstag, fieng der Berg von Morgen bis Nachmittag dergestalt an zu wüthen, daß ich davon keinen deutlichern Begriff geben kann, als von der Beschießung einer Bestung mit dem aller gröbsten Geschüße, und es regnete über Neapel kleinen Bimsstein so dick, als Schneeflocken, so daß die Sonne verfinstert war. Gestern war der Berg ruhig, aber heute fållt

• Sehr kleine und leichte Kalefchen, nur mit einem Pferde bespannt.

[ocr errors]

**) Kurz beschreibt W. dasselbe an Franke; man sehe Daßs dorffs 1. Th. S 134 Ben der Stadt Refina sehe man Winkelmanns Sendschreiben von den Herkulan. Entdeck. 6.9.

« AnteriorContinuar »