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nicht nur die üblichen naturrechtlichen, sondern auch sozialökonomische Erwägungen geltend macht.

Ogilvies Einflufs war unbedeutend, zwar hat Godwin, der ihn wiederholt zitiert, manches von ihm entlehnt, sonstige Zusammenhänge zwischen ihm und den ökonomischen Gelehrten und Agitatoren der Folgezeit lassen sich nicht ausfindig machen.

Man wird sagen, dafs Ogilvies Ideen deshalb so wenig Erfolg hatten, weil er zu viel Gelehrter, zu wenig Agitator war. Das mag schon stimmen. Was Foxwell") einmal von Godwins „Politischer Gerechtigkeit" sagt: „Die Schrift war viel besser geeignet Gelehrte zum Denken anzuregen, als die weitverbreitete Unzufriedenheit ernster Männer in revolutionäre Bahnen zu lenken", das gilt auch von Ogilvies Essay.

Ebenso wie Ogilvie darf jedoch einer der hervorragendsten Agitatoren, die um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert lebten, Thomas Paine, zu den Bodenbesitzreformern gezählt werden. Er, den Holyoake den „Begründer politischer Ideen unter dem englischen Volke" genannt hat, schilderte in seiner 1797 veröffentlichten Schrift „Agrarische Gerechtigkeit“, die Übelstände des „Monopol des Landbesitzes“ mit einer so einschneidenden und furchtlosen Logik, in einer so wirksamen Weise, dafs man nicht behaupten kann, es habe den Bodenreformern damals an geeigneten Agitatoren gefehlt.

„Die Erde in ihrem natürlichen Zustande", so führt Paine aus, „vermag nur eine kleine Zahl von Menschen zu erhalten. Sie mufs bearbeitet werden. Der Wert der dadurch erzielten Verbesserung überstieg anfangs den Wert der natürlichen Kraft des Bodens so sehr, dafs man bald das Recht aller am Grund und Boden mit diesem Rechte des einzelnen an dem Resultate seiner Arbeit verwechselte. Deshalb, und weil es überhaupt schwer ist zu trennen, was der Natur und was der Arbeit zuzuschreiben ist, entstand die Vorstellung von dem Privateigentum des Bodens." In Wirklichkeit schulde aber jeder Grundbesitzer der Gesell

schaft einen Grundzins (ground rent) für das Land, welches er inne habe. Deshalb weil dieser Grundzins der Gesellschaft vorenthalten wurde, sei der Gegensatz von Reichtum und Armut entstanden, der unserem Auge beständig entgegentritt und es beleidigt, als wenn tote und lebende Körper aneinandergekettet sind".

Um der Gesellschaft wieder das zuzuführen, was ihr mit Recht zukomme, entwickelt Paine einen höchst interessanten Plan einer Art Volksversicherung 10).

Tom Paines politische Ideen fanden im allgemeinen zahlreiche gläubige Jünger; Cobbett sagt einmal in seinem ,,Politischen Register" von ihm: „Das Grab dieses Noble of Nature' wird das Ziel der Pilgerfahrten des Volkes" 11). Aber so wenig Cobbett auch selbst den Landlords gewogen war, die bodenreformerischen Pläne wurden weder von ihm, noch von einem anderen Politiker seiner Zeit aufgenommen.

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Eine neue Basis für eine Bodenreformbewegung war durch die allgemeine Anerkennung der klassischen Grundrententheorie gegeben. Es ist bekannt, dafs diese in ihrem wesentlichen Punkte bereits 1777 durch Anderson aufgestellt wurde. Aber man irrt m. E., wenn man annimmt, dafs seine theoretischen Ansichten deshalb so wenig beachtet wurden, weil er sie nur gelegentlich bei der Erörterung praktischer agrarpolitischer Fragen vorbrachte " 12). Er tat dies auch in einem besonderen, die Grundrente speziell behandelnden Aufsatze, der im Jahre 1791 in der schottischen Zeitschrift,, The Bee or a Literary Weekly Intelligenzer" (Edinburgh, vol. VI) erschien; ein Aufsatz, der, wie ich glaube, bis jetzt von der wissenschaftlichen Forschung übersehen wurde. Im Jahre 1802 kam dann Anderson nochmals in längeren Ausführungen auf seine Theorie zurück, in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Recreations in agriculture" (London, vol. IV). Wenn Anderson so wenig Erfolg hatte, so lag das hauptsächlich daran, dafs ihm die schätzbaren Erfahrungen, welche die Jahre der Kontinentalsperre „mit ihrem Überflusse an Tatsachen" brachten, noch nicht von Nutzen sein konnten; auf sie stützte sich aber Ricardo, wie er selbst

sagt, und daher brauchte er nicht tauben Ohren zu predigen. Dietzel sagt einmal gelegentlich 18), dafs Ricardos Lehrsatz von der Grundrente nichts anderes sei als die theoretische Formulierung einer handgreiflichen Wirklichkeit, der Tatsache nämlich, dafs zur Zeit der Kontinentalsperre infolge der Erhöhung der Produktionskosten des Getreides eine Steigerung der Pachtzinsen eintreten musste.

Durch die Zeugenaussagen vor der Kommission der Lords vom Jahre 1813 wurde diese Tatsache auch denen klar, die keine Gelegenheit oder Fähigkeit hatten, dem Gange der volkswirtschaftlichen Entwicklung mit eigenen Augen zu folgen.

So kann man sich nicht wundern, dafs derselbe theoretische Satz ziemlich gleichzeitig von einer Reihe von Männern ausgesprochen wurde. Zu den bisher bekannten Namen: Torrens, West, Malthus, Ricardo, mufs nach neueren Forschungen von Seligman 14) John Rooke treten, der im Februar 1815 einen bereits im Jahre 1814 geschriebenen Essay veröffentlichte, in dem er zu dem Ergebnisse kam „the cost of producing corn on the worst soils is the regulator of natural price," „the rent of land is the clear surplus produce which remains after the expenses that conduce to production and the ordinary profits of capital are deducted.“

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Seit Mitte des 2. Jahrzehnts des vorigen Jahrhunderts stand jedenfalls für die Wissenschaft folgender Satz im wesentlichen fest: Bei der ersten Bebauung eines Gebietes, bei welcher der reiche und fruchtbare Boden im Überflusse vorhanden ist, wird keine Rente bezahlt; nur wenn der Boden weder quantitativ begrenzt noch qualitativ gleichartig ist, und wenn bei fortschreitender Bevölkerungsvermehrung Boden schlechterer Qualität und schlechterer Lage bebaut werden mufs, entsteht Rente. Die Rente ist also eine Folge der fortschreitenden Entwicklung der Gesellschaft. Sie ist nicht „Verdienst" des Rentenberechtigten, sondern Verdienst der Gesellschaft.

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Man mufs sich wundern, dafs aus diesem Satze nicht

sofort Folgerungen für die praktische Politik gezogen wurden. Es geschah dies erst einige Jahre später und zwar durch James Mill 15).

Er betont, dafs Gemeineigentum am Grund und Boden in der Urzeit grofse Vorzüge gehabt habe, er weist ferner mit Nachdruck darauf hin, dafs in der späteren Zeit die Grundeigentümer dafür, dafs sie das, was allen rechtmäfsig gehörte, in Privatbesitz nahmen, auch alle öffentlichen Lasten der Gesamtheit getragen hätten.

Wenn das im Laufe der Zeit anders geworden sei, so gehe es nicht an, den Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen unter Aufserachtlassung der wohlerworbenen Rechte der jetzigen Eigentümer. Aber, so fährt er fort, wenn ein Gesetz möglich wäre, auf Grund dessen die Grundrente verdoppelt würde, während alle anderen Einkünfte gleich blieben, so wäre es durchaus gerecht, wenn die Regierung aus dieser durch sie geschaffenen Vermögensvermehrung in erster Linie ihre Auslagen deckte. „Der beständige Wertzuwachs, der sich herleitet von den Verhältnissen, in denen sich die Gesellschaft befindet und von nichts, woran die Grundeigentümer selbst einen besonderen Anteil haben, scheint nicht weniger besonders geeignet zu sein, für Staatszwecke Verwendung zu finden." Damit ist die später soviel verwertete Theorie vom unverdienten Wertzuwachse aufgestellt. Das Verdienst John Stuart Mills besteht nur darin, dafs er den zum Schlagworte gewordenen Namen „unearned increment" geschaffen hat.

Die allgemeine Aufmerksamkeit des englischen Volkes wurde in den nächsten beiden Jahrzehnten auf andere, für den Augenblick wichtigere, innerpolitische Fragen gelenkt. Immerhin fehlte es auch in der Zeit der Chartisten- und Freihandelsbewegung nicht an Männern, die sich gegen das unbeschränkte Privateigentum am Grund und Boden wandten.

Ich nenne nur zwei: John Francis Bray und E. P. Thompson: ersterer, unter dem Einflusse von Bentham und Owen stehend, veröffentlichte im Jahre 1839 ein nicht unbedeutendes Buch „Labours Wrongs and Labours Remedies" 16).

Die Gleichheit aller Menschen ist nach ihm ein Satz, der verkündet steht im „grofsen Buche der Natur". Jeder Mensch habe ein Recht zu tun, was er wolle, vorausgesetzt, dafs sein Vorgehen nicht die gleichen Rechte seiner Nebenmenschen verletze. Unrecht aber sei es, wenn ein einzelner einen Teil des gemeinsamen grofsen Arbeitsfeldes, d. h. irgend einen bestimmten Fleck Erde sich aneigne, denn dann gerate er in Kollision mit dem gleichen Rechte jedes anderen Menschen, gerade dasselbe Stück Land für sich zu erwerben. Daraus folgert er den weiteren Satz, dafs Grund und Boden Gemeingut aller Erdenbewohner sein müsse. Das private Bodeneigentum ist für Bray nicht die einzige Ursache der sozialen Not, aber doch eine Hauptursache derselben.

Weit gemäfsigter ist Thompson 17); er will das Privateigentum aus Zweckmäfsigkeitsgründen nicht antasten. Aber er verhehlt sich doch nicht, dafs die Rente ein eigenartiger Gewinn ist, die Folge eines wenn auch harmlosen" Monopols; er nennt sie „an impost upon other people's industry".

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Eine weise Gesellschaft werde die Politik befolgen, keine Steuern und Lasten auf die Industrie zu legen, so lange es möglich sei, dafs sie der Grundrente entnommen werden könnte. Eine Steuer auf Industrie vermindere gleichzeitig die Produktivität; eine Steuer auf die Grundrente dagegen werde einfach aus der Tatsache des Rentenempfängers genommen, und damit sei die Sache erledigt.

In der Freihandelsbewegung selbst lag auch ein gewisser Anreiz zur Bodenbesitzreform.

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Cobden und seine Genossen hatten wiederholt in ihren Reden und Schriften die Grundbesitzer gewarnt und sie aufgefordert, beizeiten einzulenken, sonst könne das Volk sich daran erinnern, wie es von ihnen beraubt" worden sei. Auch das Bemühen der Freihändler bekanntlich zunächst aus politischen Rücksichten möglichst viele kleine Grundeigentümer zu schaffen, legte bodenreformerische Gedanken nahe.

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Gegen Ende der Freihandelsbewegung aber trat ein

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