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Im deutschen Reiche lebten in den Städten 88):

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Diese Zahlen mögen aus Gründen, die jeder Kenner der Verhältnisse sich sofort selbst sagen wird, kein ganz zuverlässiges Bild bieten, sie zeigen jedoch deutlich genug, wie gewaltig das Ansammeln von Menschenmassen an einigen wenigen Punkten geworden ist.

Ich weifs nicht ob die Frage: Ist die Verwaltung einer Grofsstadt relativ teurer als die Verwaltung einer Mitteloder Kleinstadt? jemals aufgeworfen und beantwortet wurde Ich wäre geneigt sie zu bejahen. Jedenfalls sind die ästhetischen, sanitären, sozialen Aufgaben, deren Lösung von einer modernen Stadt namentlich Grofsstadtverwaltung verlangt werden, so gewaltig gestiegen, dafs man sich nicht wundern darf, dafs die Auslagen noch stärker gewachsen sind als die Einwohnerzahl.

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Es wird genügen, an zwei Beispielen zu illustrieren, wie sehr sich die Verhältnisse geändert haben. Der Kriegsrat Cölln 84) berichtet im Jahre 1800 folgendes von Berlin: Hat man im Tore die unleidliche Revision der Accisebeamten überstanden so sieht man sich in die Mitte ärmlicher Hütten, Wiesen und Felder versetzt, oft sieht man aber nichts, denn der kleinste Zephir erregt einen so unerträglichen Staub, dafs man die Augen fest zudrücken mufs Man watet in Berlin stets im Kot oder Staube In Berlin kannst du unaufhörlich deine Nase im Schnupftuch tragen, denn gegen Morgen duften noch die Ausbeuten der erst in die Rinnsteine geleerten Nachtstühle dir entgegen. Wenig sieht man darauf, tote Hunde und Katzen zu entfernen, und ich habe oft einen halben Tag tote Pferde in sehr lebhaften Strafsen

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liegen sehen." So war Berlin vor 100 Jahren; man vergleiche damit das moderne Berlin!

Ein anderes Beispiel! Eine der brennendsten Fragen unserer Kolonialpolitik ist die Wohnungsfrage; wieviel ist und wird geschrieben, verhandelt und gehandelt, um möglichst alle Einwohner der Stadt in menschenwürdiger Weise unterzubringen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es auch in England, namentlich in London, zeitweise Mangel an Wohnungen, und die damaligen Sozialökonomen freuten sich darüber. Ein Geistlicher Jos. Townsend veröffentlichte 1786 eine Schrift „Dissertation on the Poor Laws, by a Well Wisher to Mankind." Die Schrift fand solchen Anklang, dafs noch 1817 ein Neudruck veranstaltet wurde. Auf Seite 67 dieser Schrift findet man folgenden Satz: Happily the justices of peace have no legal authority to augment the number of our cottages Hence the number of houses becomes a gauge, at once to measure and to regulate the extent of population. It has been chiefly from the want of houses that the poor have not more rapidly increased.“

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Nun die Kehrseite der Medaille!

In England sind die Lokalsteuern nicht nur erheblich stärker gestiegen als die Bevölkerungsziffer, sondern auch erheblich stärker als die Vermögenswerte, welche der Besteuerung zu Grunde gelegt werden. Nach Goschen war der Gesamtbetrag der Kommunalsteuern von 1821 bis 1870 von ungefähr 8 Mill. auf 162 Mill. Langewachsen 1891 waren es nach Sir H. H. Fowler bereits 27,818000 £ und 1898 39,935 000 L. Während 1890/91 pro Kopf der Bevölkerung nur 19 s 4 d aufgebracht werden mussten, waren dies 1898/99 1 5 sh. 4 d! Gleichzeitig stiegen die Kommunalschulden ganz enorm. Ihr Gesamtbetrag belief sich 1875 auf ca. 93 Mill. L, 1894 auf 224 Mill. £, 1901 auf mehr als 300 Mill. . Im Jahre 1894 entfielen von diesen Schulden noch nicht 1% auf die rein ländlichen Gemeinden.

Sir A. Henderson stellte fest, dafs die städtischen Schulden

im Verhältnis zu dem zu versteuernden Ertrage betrugen in Manchester 534 %, Bradford 438 %, Nottingham 390 %, Birmingham 386 %, Leeds 367 %, Sheffield 305 %, Liverpool 230 %. Während in den letzten 25 Jahren der Steuerwert in den englischen Gemeinden nur ungefähr 30% zunahm, hat sich die lokale Schuld verdreifacht 85).

In den Vereinigten Staaten 36) wurden nach dem 11. Census die gesamten Verwaltungskosten beziffert für die Nationalregierung auf 352 Mill. £, für die Staatsund Territorialregierung auf 77 Mill., für die Lokalverwaltung auf 486 Mill.

In den 15 gröfsten amerikanischen Städten wuchs von 1860-1875, also kurz vor dem Auftreten Georges, die Bevölkerung auf 70,5%, der Steuertaxwert um 156,9%, die Schuld um 270,9%, die Steuer um 363,2 %.

Die dauernden Munizipalschulden beliefen sich in NewYork 1840 auf 10, 1850 auf 12, 1860 auf 18, 1870 auf 73, 1876 auf 113 Mill. 37).

Wie in Deutschland die Kommunalsteuern gestiegen sind, wird durch nachfolgende Tabelle veranschaulicht, welche Einwohnerzahl und Steuerbetrag von 5 rheinischen Städten zusammenstellt 88):

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Der Durchschnitt pro Kopf 1854 4.26 Mk., 1874 11.94 Mk.,

1899/00 26.91 Mk.

Dabei ist zu beachten, dafs die Erhöhung der Steuern vor allem von dem „Mittelstande" schwer empfunden wird; das, was die ärmeren Schichten (solche mit weniger als 900 Mk. Einkommen) an städtischen Steuern aufzubringen haben, dürfte seit 1854 nicht gestiegen, wahrscheinlich sogar im Durchschnitte gesunken sein.

Verhältnismäfsig noch stärker als die Steuern sind die Schulden der meisten deutschen Städte gestiegen. In Essen z. B. beliefen sie sich 1854 auf 29 000 Mk., 1874 auf 2.2 Mill. Mk., 1899/00 auf 18.5 Mill. Mk. Für Duisburg waren die entsprechenden Zahlen: 87 000 Mk., 930 000 Mk., 14.76 Mill. Mk. 1899/1900 betrug die Gesamtschuld der Stadt Berlin 300 700 000 Mk., der Stadt München 134 300 000 Mk., der Stadt Frankfurt 94026 000 Mk. Die Gesamtschulden von 52 deutschen Städten mit mehr als 50000 Einwohnern beliefen sich nach dem statistischen Jahrbuche deutscher Städte

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Um in etwa eine Vorstellung zu geben von der Verwendungsart der Anleihen, teile ich den Verwendungsplan eines Schuldbestandteils der Stadt Barmen in Höhe von 3 Mill. Mk., der im Jahre 1899/1900 begeben wurde, mit 39): Erweiterung der Kunstgewerbeschule, Bau einer staatlichen. Baugewerkschule, Bau einer Webeschule, einer Realschule,

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eines Polizeidienstgebäudes, einer Volksküche und Kochschule, Bau von Turnhallen, Einrichtung eines Schwimmbassins, Erweiterung des städtischen Krankenhauses, Anlage von elektrischen Strafsenbahnen, Strafsen- und Brückenbauten, Flufsregulierungen, Kanalanlagen, Regelung des Abfuhrwesens, Erweiterung der städtischen Wasser-, Gas- und

Elektrizitätswerke.

Angesichts der oben mitgeteilten Zahlen kann man es wohl verstehen, wenn man die Finanztrage the very core of the municipal problem" genannt hat 40).

Dafs die kommunale Finanzpolitik sich wesentlich von der staatlichen Finanzpolitik unterscheiden mufs, dürfte jetzt wohl überall wenigstens in der Theorie anerkannt

sein; vor allem aus zwei Gründen:

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1. Der Staat herrscht die Gemeinde wirtschaftet." Unverhältnismäfsig mehr als die staatlichen, haben kommunale. Leistungen direkt oder indirekt materielle Vorteile für die Gemeindegenossen im Gefolge, Vorteile, die nicht allen in gleicher Weise, sondern vorzugsweise den Grundeigentümern zugute kommen. Öffentliche Strafsen-, Park-, Garten- und Schmuckanlagen, die Sorge für Wasser und Licht, die Kanalisation, die Regelung des Abfuhrwesens, manche sanitäre Einrichtungen usw. sind zu einem grofsen Teile Meliorationen der städtischen Grundstücke 41).

2. Die Lokalverwaltung hat mehr als die Zentralverwaltung zu befürchten, dafs infolge zu starker Besteuerung der mobile Reichtum auswandert. Ist es daher aus dem unter 1. genannten Grunde gerechtfertigt, so ist es mit Rücksicht auf die letztgenannte Erwägung im höchsten Mafse zweckmäfsig den Grundbesitz stärker als das mobile Kapital zur Steuer heranzuziehen 42).

Nirgendswo ist man diesen Forderungen wohl mehr gerecht geworden, als in den Städten der Vereinigten Staaten freilich mit solchen Mitteln, dafs in Deutschland das amerikanische Vorgehen unter keinen Umständen als Muster dienen kann. Noch gilt, so dürfen wir hoffen, bei uns der Satz, den vor vielen Jahren Rudolf Gneist einmal ausgesprochen

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