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Sechstes Kapitel.

Mittel im Kampfe gegen die Steigerung der Grundrente.

Mit Schäffle bin ich überzeugt, dafs die Grundrente ein Extraeinkommen ist, das „im Interesse der gröfsten Wirtschaftlichkeit in Versorgung des sozialen Bedarfes notwendig," dafs sie „eine unentbehrliche sozial-ökonomische Ordnungskraft" ist 158). Ihm stimme ich auch vollkommen bei, wenn er an einer anderen Stelle meint, dafs in der Regel die natürliche Rentenfunktion genüge, aber in besonderen Fällen könne die Rente als selbstwirkende volkswirtschaftliche Funktion teils zu schwach, teils unverhältnismäfsig stark sein. Im ersteren Falle ist sie durch künstliche gesellschaftliche Institutionen entweder zu stärken oder zu ersetzen, in letzterem Falle kann es erforderlich werden, sie durch besondere gesellschaftliche Institutionen zu beschränken, überhaupt zu regulieren. Wenn daher Philippovich in München sagte: „Wir haben den Bodenpreis nicht zu bilden, sondern den Bildungsgang zu verfolgen", so ist das doch nur cum grano salis zu verstehen; ebenso wie der Satz, den Andreas Voigt schreibt: „Es wäre zu wünschen, dafs endlich der Blick von dem scheinbar beängstigenden Wachsen des Bodenpreises in den Städten abgelenkt und praktischere Ziele als die Bekämpfung dieser Erscheinung ins Auge gefasst würden.“

Der Kampf gegen zu starke Steigerung der Grundrente und damit gegen den sogen. unverdienten Wertzuwachs

bleibt stets eine volkswirtschaftlich nützliche und notwendige Tat.

Es liegt nicht in meiner Absicht, in diesem Kapitel eine ausführliche kritische Würdigung der städtischen Bodenpolitik und der zahlreichen Reformpläne zu geben. Sollte das so gründlich ge chehen, wie es bei der aufserordentlichen Wichtigkeit des Gegenstandes erforderlich wäre, so müfste dieses Schlufskapitel weit umfangreicher werden als die vorhergehenden Kapitel zusammengenommen. Ich begnüge mich mit einer orientierenden Übersicht.

Dafs ich die Bodenspekulation an und für sich nicht für schädlich, sondern im Gegenteil für nützlich halte, dafs sie geradezu ein Mittel gegen übermäfsig hohe Rentensteigerungen sein kann, habe ich bereits betont, doch hob ich gleichzeitig hervor, dafs die Spekulation, um ihre volkswirtschaftlich nützliche Funktion ausüben zu können, von Auswüchsen befreit werden müsse. Dazu ist in erster Linie und auch das wurde bereits angedeutet bau der lokalen Boden- und Wohnungsstatistik erforderlich. Dem, was in dieser Hinsicht Mangoldt forderte 154), habe ich nichts hinzuzufügen:

Aus

„Das Dunkel ist der Begünstiger derjenigen, welche im Trüben fischen wollen. Also her mit der Fackel der Statistik! Aber nicht einer Statistik, die nur immer wieder einen Zahlenband auf den anderen türmt..., sondern eine gemeinverständliche Statistik . . . und da wäre wohi anznknüpfen an die ohnedies schon vielfach gepflegte Statistik des Grundbesitzwechsels. Sie wäre zu erweitern zu einer Statistik der Preisbewegung, damit Aufschluss darüber gegeben wird, was bei diesen Geschäften gewonnen, oder was dabei verloren wird. Auch eine Statistik der Hypothekenverschuldung, eine Statistik der Mietbewegung wäre zu wünschen . . . und dann hatten wir, glaube ich, bisher noch keine Statistik des Baustellenmarktes. Wir müssen wissen, wie viel direkt bebauungsfähige Baustellen, für den Baumarkt in Betracht kommende Baustellen, jeweilig zur Verfügung sind, damit wir unterrichtet sind, ob diejenigen Leute, welche sich mit der Beschaffung von Baustellen befassen, tatsächlich in der Lage sind, uns so riesig hoch zu nehmen; und wenn wir auf Zustände treffen, die diese Überteuerung ermöglichen so können wir darauffussend vorgehen und etwas anderes schaffen."

In Verbindung damit ist Schaffung offizieller Taxämter erforderlich 155). Unter allen Umständen ist zu verhindern, dafs die bei der Abschätzung interessierte Partei eine Auswahl unter den ihr zur Verfügung stehenden Sachverständigen treffen kann. Leider ist und mufs die Taxe namentlich unbebauter, noch nicht baureifer Grundstücke in weitem Umfange lediglich Gefühlssache sein. Der eine ist mehr optimistisch, der andere mehr pessimistisch. veranlage, deshalb werden die Endergebnisse ihrer Schätzungen weit auseinandergehen. Daher sollte die Taxe nicht von einer Person abhängig sein, sondern vielleicht von einem Kollegium, das sich etwa aus einem Techniker, einem Verwaltungsbeamten und einem erfahrenen Agenten zusammensetzte, aufgestellt werden. Dafs die Taxatoren wirtschaftlich vollkommen unabhängig sein müssen, ist dabei eine selbstverständliche Nebenforderung.

Dafs hier unbedingt etwas geschehen mufs, haben ja die Verhandlungen im Pommernbankprozesse nur zu deutlich gezeigt. Wenn da z. B. ein Grundstück an der Schönhauser Allee in Berlin im Juni 1892 für 1890 000 Mk. gekauft und vier Wochen später auf 6 124 000 Mk. taxiert wurde, wenn in einem anderen Falle ein Grundstück, das zu 21 000 000 Mk. taxiert zu 2690 000 Mk. verkauft werden mufste, so sind das allerdings schreiende Mifsstände.

Wie durch falsche Taxen, so kann auch durch die Spekulationswut unerfahrener, namentlich kapitalschwacher Spekulanten vorübergehend eine ungerechtfertigte künstliche Hausse der Bodenpreise eintreten, die freilich nur in seltenen Fällen stark und andauernd genug sein wird. um auch nur zeitweise einen Einfluss auf die Höhe der Mietpreise auszuüben.

Was zurzeit über die Spekulationswut des kleinen Publikums berichtet wird, grenzt beinahe ans Unglaubliche. So wurde im Plutus vor einigen Monaten folgendes erzählt: Man fahre einmal eines schönen Tages nach irgend einem Berliner Vororte und setze sich ein halbes Stündchen in eine Bierkneipe, die von Handwerkern, Kleinbürgern und wohlhabenden Bauern aus der Umgegend besucht wird. Und dann achte man einmal auf die Gespräche am Nebentisch. Man wird mit Erstaunen hören, dafs sich die Debatte fast stets um Bauparzellen, Strafsenregulierungen und ähnliches dreht. . . Das rasche Wachstum der Grofsstädte, das vielen glücklichen Grundbesitzern über

Nacht Hunderttausenoe in den Schofs warf, hat die Begier von tausenden von kleinen Leuten aufgeregt, die gehört haben, dafs der Nachbar ein Grundstück, das er vor wenigen Jahren erworben, mit einem märchenhaften Gewinne verkauft hat. Und es ist ja so einfach, ebensolche Gewinne zu machen, wenn man nur aushält ...

Aber wie kann es anders sein! In unverantwortlicher Weise sucht, findet und erfindet man immer neue Beispiele von märchenhaften Gewinnen der Bodenspekulation und schweigt die Verluste tot. Schliefslich mufs auch der an die Fabeln glauben, der von Natur nicht leichtgläubig und leichtsinnig ist, um dann später für den Leichtsinn der Märchenerzähler à la Grävelle zu büfsen. Und wenn einmal ausnahmsweise über den Krach eines Bodenspekulanten berichtet werden mufs, dann geschieht das nicht, um das Publikum nachdrücklich hinzuweisen auf die mit der Bodenspekulation naturwendig verbundene grofse Gefahr, sondern nur, um daran Bemerkungen über die moralische Minderwertigkeit der Bodenspekulanten anzuknüpfen. Damit erreicht man aber eben nur, dafs moralisch höher stehende und kapitalstärkere Individuen, denen an ihrem gesellschaftlichen Ansehen mehr liegt, als an einem zweifelhaften Zukunftsgewinne, sich an den Bodenspekulationen immer seltener beteiligen und sie den Leuten überlassen, denen der Gewinn höher steht als Ansehen und Ehre. Immer seltener werden daher die Fälle, wo die Bodenspekulation in so hervorragendem Mafse neben dem eigenen Interesse das allgemeine Wohl zu fördern sich bemüht, wie wir das etwa oben bei der Leipziger Immobiliengesellschaft konstatieren mussten.

Was soll man beispielsweise dazu sagen, wenn Professor Rein in seiner Schrift Ethik und Volkswirtschaft mit besonderer Rücksicht auf die Bodenspekulation folgenden Satz schreibt: „Die Spekulationen, die auf schnelle, mühelose Weise Reichtümer anzuhäufen suchen, müssen von der öffentlichen Meinung viel schärfer als dies jetzt noch geschieht, verurteilt werden, sie dürfen nicht zu den Operationen gerechnet werden, die man für anständig hält. Man mufs den Spekulanten die ganze Verachtung zeigen, die sie verdienen, und die Presse als Vertreterin der öffentlichen Meinung, sollte hierin das öffentliche Gewissen unterstützen.“ Auch Adolf Wagner liefs sich

auf dem 14. evangelisch-sozialen Kongresse zu dem Satze hinreissen: „Wer in Grundstückeu spekuliert, sollte nicht die allgemeine Achtung geniefsen." Das erinnert an einen Ausspruch von Otto Michaelis, der gelegentlich einmal behauptete, dafs der Moralist eigentlich ein geschworener Feind aller wirtschaftlichen Vorgänge sei. In der Tat, wer die Spekulation so scharf verurteilt, der kann nicht umhin, den Handel überhaupt und damit die ganze moderne Volkswirtschaft zu verdammen. Ich habe in einer anderen Schrift 156) mit Nachdruck darauf hingewiesen, dafs das Urteil, welches in der Gesellschaft über eine Tätigkeit gefällt wird für die Qualität der Personen, die sich mit dieser Tätigkeit abgeben, mit entscheidend sein mufs. Will man die moralische Qualität des Bodenspekulantentums heben, so wird man die in ihrer Allgemeinheit ungerechten moralischen Verurteilungen unterlassen müssen. Hält man das System für bedenklich, dann bekämpfe man es mit Gründen und nicht mit Scheltworten. Jedenfalls wende man sich nicht gegen die, welche aus dem bestehenden Systeme Nutzen zu ziehen suchen. In sehr schöner Weise ist dies in einem längeren Artikel ausgeführt, der im Juni 1900 in dem englischen Organ der Bodenreformer Land and Labour erschien. Auch Flürschein erhebt mit Nachdruck die Forderung: „Attack the system, not those who profit by it 157)."

Ich bin überzeugt, dafs die Bodenspekulation der kleinen Leute schon wesentlich geringer würde, wenn die Presse weniger von den fabelhaften Gewinnen und mehr von den grofsen Gefahren der Bodenspekulation ihren Lesern erzählen würde. Dazu mufs jedoch vor allem treten: Beschränkung des Spekulations kredits. Spekulieren mit geborgtem Gelde ist schon bei Börsenspekulationen höchst unerwünscht und gemeingefährlich, noch mehr ist das der Fall bei Bodenspekulationen. Dafs Erlangung von Bodenmeliorationskredit erleichtert, Erlangung von Spekulationskredit dagegen in der modernen Stadt wesentlich erschwert werden mufs, ist ja heute so allgemein anerkannt, dafs kein weiteres Wort darüber verloren zu werden braucht 158).

Da, wo ein Monopol besteht, ist dies nach Möglichkeit zu brechen. Am schwierigsten ist das unzweifelhaft bei dem mit kleinen Wohnungen bebauten Boden. Die Hauptfrage ist hier die: wie kann das mit Ad. Weber, Über Bodenrente.

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