Imágenes de páginas
PDF
EPUB

auch, daß einer Preissteigerung des Goldes sich diese ganze Masse von Vorräten mit nicht zu unterschäßender Kraft entgegenstellt. Aber noch schwerer fällt doch ins Gewicht, wie die fortschreitend angewachsenen Goldansprüche durch neue Produktion gedeckt wurden: denn diese beherrscht die Preisverhältnisse des Edelmetalls in erster Linie. Auch müßten bei fortgeseßtem Abzug an Goldbeständen sich die notwendigen Reserven an Gold vermindern, was auf die Warenzirkulation und allgemeine Preisbewegung keineswegs ohne Einfluß ist.

Zunächst sei bemerkt, daß die Goldproduktion nach dem Höhepunkt, den sie in dem Jahrzehnt 1851-1860 mit einem Jahresdurchschnitt von fast 560 Mill. Mark (1 kg fein Gold = 2790 M.) erreicht hatte, doch auch pro 1861-1870 im Jahresdurchschnitt noch ca. 530 Mill. Mark betrug 1). Von da beginnt aber ein beträchtliches Fallen derselben; also gerade von jener Zeit, in der ein großer Mehrbedarf an Gold eintrat und die starken Goldkäufe Deutschlands in London begannen. Der Jahresdurchschnitt der Goldproduktion pro 1871-1875 betrug nämlich nur ca. 485 Mill. Mark und der pro 1876-1880 ca. 481 Mill. Mark. Ein weiteres rapides Sinken trat dann in den achtziger Jahren ein, indem die jährliche Goldproduktion von 1881-1884 auf resp. ca. 443, 414, 403, 408 Mill. Mark zurückging. Während also der bloße Mehrbedarf an Gold zu Münzzwecken von Beginn der siebziger bis gegen Mitte der achtziger Jahre auf 200 Mill. Pfund Sterling, d. i. über 4000 Mill. Mark zu beziffern warum von dem Mehrbedarf Ostasiens zu schweigen, dessen Silberbezüge abnehmen - hat die gesamte Goldproduktion von 1871-1884 nur ca. 6500 Mill. Mark betragen.

Nun ist das Gold der verbreitetste, und im heutigen Welthandel sogar der gewöhnliche Wertmesser, es ist weiter als gemünztes Geld Maßstab der Preise und gefeßliches Zahlungsmittel,

1) Vgl. für diese und die nachfolgenden Zahlen Soetbeers Materialien", 2. Aufl. 1886 S. 1 und 3. Daselbst ist S. 3 die gesamte Goldproduktion von 1851-85 auf ca. 17 800 Mill. Mark (also höher als die gesamte Goldproduktion von 1493—1850) geschäßt. Die gesamte Silberproduktion von 1851–85 wird auf ca. 9600 Mill. Mark angeseßt, wobei der Jahresdurchschnitt der letzteren pro 1861-70 nur ca. 220 Mill. Mark, pro 1871-80 aber ca. 363 Mill. und pro 1881-85 sogar ca. 429 Mill. Mark betrug.

Wasserrab, Preise und Krisen.

13

also nach mehrfacher Richtung vor anderen Waren ausgezeichnet. Gleichwohl hört es darum nicht auf, überhaupt eine Ware zu sein. Und also unterliegt auch diese (privilegierte) Ware in ihrer Preisbildung dem oftgenannten Doppelgeseße der Produktionskosten und des Verhältnisses zwischen Nachfrage und Angebot.

Daß die Produktionskosten des Goldes bei der abnehmenden Ergiebigkeit der bisher bekannten Goldfelder geringer geworden seien, wird selbst unter Berücksichtigung der technischen Fortschritte auf diesem Gebiete schwerlich behauptet werden. Die Nachfrage aber hat sich gegenüber sinkendem Angebot so erheblich erhöht, daß auf eine Steigerung des Goldpreises, wenngleich eine solche sich wegen der gewaltigen Masse von Goldmünzbeständen langsamer vollzieht, doch mit höchster Wahrscheinlichkeit zu schließen ist.

Es fragt sich nur, ob und wie weit diese Steigerung in den Warenpreisen zum Ausdruck kommen mußte.

Darauf ist ein doppeltes zu erwidern. Fürs erste kann eine in der eigenen Preisbestimmung gewisser Waren liegende gleiche Preistendenz den äußeren Durchbruch einer schon erfolgten Steigerung des Goldpreises entweder ganz verhindern oder abschwächen wie wir dies bei den animalischen Nahrungsmitteln gefunden haben. Sodann aber gibt es auch einen Weg, den Effekt selbst, die Goldpreissteigerung, zu vermindern. Neben den Quantitätsverhältnissen des Goldes kommt nämlich auch die Zirkulationsgeschwindigkeit desselben, und weiters der partielle Ersay in Betracht, den in gewisser Beziehung die durch den Kredit geschaffenen Geldsurrogate bieten. Indessen ist die beschränkte Wirksamkeit dieser letteren schon oben angedeutet worden: Geld und Kredit haben wohl ein gemeinsames, aber beide auch ein spezifisches Gebiet, in welchem letteren eine Stellvertretung nicht möglich ist. Dahin gehört auch jene Hauptfunktion, welcher das Gold anscheinend nur mit steigender Schwierigkeit gerecht wird: die Wertmessung der Waren. Und darum kann die völlige Aufhebung einer vorliegenden Preissteigerung des Goldes durch den Kredit überhaupt nicht bewirkt werden, wenn gleich auf der anderen Seite die Hemmung der Goldpreissteigerung durch eine beschleunigte Zirkulation des Goldes und durch die in den meisten Ländern immer noch beträchtliche Erweiterung des ganzen Kredit= wesens nicht unterschäßt werden darf.

Unter allen Umständen ist die Frage der Goldpreissteigerung,

wie sie sich jetzt darstellt, eine ernste und erfordert wachsamste Verfolgung. Läßt sich auch gegenwärtig nicht ein geradezu beunruhigender Charakter dieser Frage erweisen, so kann sie doch ganz wohl einen solchen annehmen, wenn nämlich einem weitersteigenden Bedarf gegenüber die Goldproduktion noch eine Reihe von Jahren sich in ähnlichem Maße weiter verringerte, als dies in der ersten Hälfte der achtziger Jahre der Fall war. Dann würde eine teilweise Rehabilitation des Silbers, vielleicht eingeleitet durch Einziehung der kleinen Goldmünzen, ernstlich in Frage kommen, und der Gedanke einer internationalen Uebereinkunft, welcher gegen= wärtig schlechtweg abgewiesen werden kann, näher rücken 1).

1) Auch dann aber würde es sich nicht um freie Ausmünzung und nicht mehr um das frühere Wertverhältnis beider Metalle handeln. Zum neuesten Stande der Frage des Bimetallismus vgl. Arendt, „Der Währungsstreit in Deutschland", Berlin 1886. Zu erwähnen ist auch die Mission und der Bericht des Amerikaners Atkinson, welcher im Frühjahr 1887 von dem Präsidenten Cleveland der Vereinigten Staaten Zwecks einer Information über die herrschenden Anschauungen in offiziellen und Finanzkreisen nach England, Frankreich, Deutschland 2c. geschickt worden war. Der Bericht, welcher dem Kongreß vorgelegt wurde, gipfelt in den beiden Säßen, daß der Bimetallismus als wahrscheinliches und mögliches Heilmittel für die Wirtschaftsdepression nur in kleineren Kreisen eingehend und ernstlich erwogen werde; sodann daß Aussichten auf eine Aenderung der gegenwärtigen europäischen Münzsysteme nicht vorhanden sind, demnach auch keine Aussicht auf einen bimetallistischen Vertrag mit freier Silberausprägung.

[ocr errors]

Rückblick und Ausblick.

Der Kreis unserer Untersuchung schließt sich.

Troß der großen Erweiterung, welche die Umsäße im inneren und äußeren Handelsverkehr seit Mitte der siebziger Jahre sowohl im Allgemeinen wie in einzelnen wirtschaftlich besonders aufstrebenden Ländern (Deutschland und die Vereinigten Staaten) erfahren haben, und troß des günstigen Geschäftsgangs, dessen sich einzelne zumal kleinere Produktionszweige während dieser Zeit erfreuten oder noch erfreuen: ist doch vermöge des tiefen Preisfalls bei fast allen Artikeln des Warengroßhandels in dem Zeitraum von 1875-1886 das Hauptmerkmal einer latenten Absagkrisis mit Sicherheit festzustellen. Wahrscheinlich ist dieselbe durch eine in den Anfängen begriffene Gold-Geldkrisis verschärft.

Wenn gegen das Vorhandensein der letteren geltend gemacht wird, daß nicht alle Güter, nämlich weder alle Sachgüter (Waren) noch insbesondere die Dienste im Preise gesunken seien, so muß dieses Argument der durchschlagenden Wirkung verfehlen, weil es auf einer Verkennung der Art und Weise beruht, in welcher sich eine Geldwerterhöhung nur ganz allmählich und nicht hindernisfrei durchzusehen vermag.

Und wenn nun gar gesagt wird: der Diskont, der Preis für die Ueberlassung der Nuzung des Geldes, weist eine entschiedene Tendenz zum Sinken auf, läßt somit einen Geldmangel nicht erkennen“ (Kral, „Geldwert und Preisbewegung 2c.", S. 94), so wird dieser irrtümliche Schluß nur durch eine Art Verschiebung in der Definition des Kapitalzinses ermöglicht. Auch der Diskont wie jeder Zins ist nämlich nicht ein Preis für Ueber

laffung der Nutung des Geldes, sondern ein Preis für Nuzung von Leihkapital. Diese Unterscheidung bleibt auch im geld- und kreditwirtschaftlichen Verkehr von Wichtigkeit. Ganz gut läßt sich in unternehmenden Zeiten Fülle des auf dem Kreditmarkt er-. scheinenden Leihkapitals und Leichtigkeit seiner Erlangung gegen geringe Zins- oder Diskontvergütung bei knappem Geld stand im ökonomischen Sinne denken; und ganz gut in schwankenden Zeiten Zurückhaltung des Leihkapitals, demnach Steigerung des Zinses oder Diskonts trog der etwa vorliegenden reichlichen Deckung des Metallgeldbedarfes der betreffenden Volkswirtschaft. Es kann also aus der Diskonthöhe so wenig wie aus der Höhe irgend eines anderen Kapitalzinses ein sicherer Rückschluß auf die Befriedigung des Geldbedarfs eines Landes gezogen werden, womit der Kralsche Sag hinfällig wird.

Unter den Ursachen der latenten Absazkrisis haben wir nicht so sehr auf die speziellen, lokalen und zufälligen als auf die allgemeinen und dauernden, äußeren wie innerwirtschaftlichen Erscheinungen Gewicht gelegt, und dieselben über das Gebiet der drei hauptsächlichsten Vorgänge in der Wirtschaft verbreitet gefunden: über die Produktion (Massenproduktion und Ueberproduktion), den Umfaß (Weltkonkurrenz, innere Verschärfung der Konkurrenz, Spekulation) und die Vermögens- beziehungsweise Einkommensverteilung. Ueber die lettere bedarf es an dieser Stelle wenigstens einiger Andeutungen.

Es ist neuestens wiederholt behauptet und mit Lebhaftigkeit verteidigt worden, daß die Ueberproduktion und die Unterkonsumtion aus mangelnder Kaufkraft eine und dieselbe Erscheinung, nur von zwei verschiedenen Seiten gesehen, sei. In solcher Allgemeinheit ist diese Vorstellung irrig, wie sich aus unserer Erörterung über die maschinelle Massenproduktion und den Drang derselben zu zeitweiliger effektiver Ueberproduktion der auf die Generalkostenfrage zurückzuführen ist - ergibt. Einer effektiv über den Gesamtbedarf hinausgehenden Massenproduktion gegenüber, welche zugleich den harten Preiskampf, sowie die Aufzehrung kleinerer beziehungsweise mittlerer Produzenten und thatsächliche Monopolisierung bestimmter Betriebszweige bewirkt: müßte augenscheinlich auch eine Erhöhung beziehungsweise günstigere Verteilung der allgemeinen Kaufkraft wirkungslos bleiben, denn eine solche würde sich anderen

« AnteriorContinuar »